Die gebürtige Freiburgerin gehört zu Deutschlands erfolgreichsten Yogalehrerinnen – und zu den bekanntesten. Wie lukrativ der Job wirklich ist und warum es nicht um finanziellen Wohlstand geht, davon erzählt die 47-Jährige beim eisgekühlten Matcha-Tee im Freiburger Strandbad.
Text: Julia Donáth-Kneer • Fotos: Santiago Fanego
Sehr liebevoll. Und seeehr langsam. Das Team des Elira, einem Gelsenkirchener Unternehmen, das auf dem Yogafestival „Namaste United“ im Freiburger Strandbad Matcha verkauft, nimmt seine Aufgabe ernst. Für jeden einzelnen Drink wird das grüne Pulver erst gesiebt und dann mühsam per Hand verrührt, bevor es in die Milch fließt. Das dauert. Doch Yogalehrerin Christina Lobe lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Die Zeiten, in denen es für sie nicht schnell genug gehen konnte, sind vorbei.
Zwei Tage Yogafestival im Strandbad finden gerade ihr Ende. Neben Christina Lobe haben rund 30 weitere Yogalehrerinnen, Achtsamkeitstrainer und andere Movementprofis Übungsstunden und Workshops angeboten. Für Christina Lobe eine Reise in die Heimat. Die 47-Jährige wurde hier geboren und wuchs in einem Vorort auf. Mit zwölf Jahren zog sie in die Stadt, mit 20 Jahren verließ sie sie wieder. „Freiburg war mir zu eng“, erzählt sie, als wir endlich mit den eiskalten Getränken im Schatten sitzen. Es ist heiß an dem Wochenende Ende Juni. „Ich hatte immer das Gefühl, dass ich hier meinen Freiheitsdrang nicht ausleben kann“. 1998 zog sie nach Berlin. „Die Stadt war dreckiger und rauer, aber auch realer als das Leben in Freiburg“, sagt Lobe.
Dort stieß sie erstmal auf eine ganz neue Liebe: Yoga. Anfang der 2000er in Deutschland noch anders präsent als heute. Der Hype der athletischen Form des Yoga schwappte gerade erst aus Amerika rüber. Die ersten Lehrerinnen und Lehrer kamen aus Übersee, um ihren Stil bekannter zu machen. So auch der Kalifornier, der in Berlin eine Klasse zum Anusarayoga (einer ausrichtungsbasierten Form des Hatha Yoga) anbot. Christina Lobe nahm teil und war sofort Feuer und Flamme. „Ich hatte das Gefühl, endlich angekommen zu sein.“ Sie wollte mehr wissen, absolvierte eine Ausbildung und fing 2004 an, selbst zu unterrichten. Dazu muss man wissen: Eine vollständige Yogalehrerinnenausbildung ist ein umfassendes, international zertifiziertes, 500 Stunden langes Training. Je nach Schule liegen die Kosten dafür zwischen 4000 und 8000 Euro.




Christina Lobe ist heute eine der gefragtesten und bekanntesten Yogalehrerinnen in Deutschland. Sie ist seit 21 Jahren selbstständige Unternehmerin, hat zwei Bücher geschrieben und verdient ihr Geld hauptsächlich mit Ausbildungen, Retreats und Workshops. „Nur von Yogaklassen kann man wirtschaftlich nicht überleben“, sagt sie. Auf der Onlineplattform Yogaeasy praktizieren Tausende mit ihr. Ein eigenes Studio hat sie lange nicht mehr. „Das war wahnsinnig viel organisatorischer Aufwand“, erklärt Lobe. „Ich beschäftige mich lieber mit Inhalten“. Sie hat früh erkannt: Bei all dem Yogahype braucht es Menschen, die jene unterrichten, die andere anleiten. Das Lehren lehren wurde zu ihrem Steckenpferd, sie hat bislang hunderte Frauen und Männer zu Lehrerinnen und Lehrern ausgebildet.
Die Klientel ändert sich von Zeit zu Zeit. Inzwischen nutzen immer mehr vielbeschäftigte Unternehmerinnen und Unternehmer Yoga als Tool zur Stressreduktion. Bringt das denn was? „Wenn man es als eine Möglichkeit nutzt, um sich selbst zu begegnen, dann kann Yoga helfen, im Kontakt mit sich zu sein“, erklärt Lobe. Es gehe darum, zu lernen, nicht auf jeden Stimulus von außen sofort zu reagieren. Zum Beispiel entspannt zu bleiben, auch wenn man lange für ein Getränk anstehen muss. „Es hat einen großen Wert, erstmal abzuwarten und in Ruhe zu entscheiden“, sagt sie. „Es sei denn, man nutzt Yoga als Kontrollwerkzeug. Dann geht das nach hinten los.“

Nach zwanzig Jahren in Berlin, was vermisst sie aus Südbaden? „Den Boden“, sagt Christina Lobe, ohne zu zögern. „Berlin ist auf Sand gebaut. Hier habe ich echte Erde unter den Füßen. Außerdem: die Natur, den Wald, die Gerüche – und das Essen. Mit dem badischen Genussdenken können die Berliner nicht mithalten.“