Am 15. Oktober findet der Freiburger Mittelstandskongress zum 20. Mal statt. Unter dem Motto „Reality Check“ lädt die veranstaltende Agentur Spielplan4 ins Freiburger Konzerthaus ein: Was läuft gut, was nicht, was sollten Unternehmen verändern? Diese Fragen haben sie sich auch zum Konzept des Kongresses selbst gestellt, berichten Michelle Gänswein und Florian Städtler von Spielplan4 im Interview. Ihre Antworten darauf illustriert auch das veränderte Programm mit weniger Promis und mehr Interaktion.
Interview: Kathrin Ermert
Netzwerk Südbaden ist zum dritten Mal Medienpartner des Freiburger Mittelstandskongresses, zum dritten Mal sitzen neue Gesichter am Interviewtisch. 2023 sprachen wir noch mit Initiator Günter Monjau, 2024 mit Ihnen, Herr Städtler, und Philipp Zentgraf. Wen haben Sie sich jetzt an die Seite geholt?
Florian Städtler: Michelle Gänswein ist schon fünf Jahre bei Spielplan4 und hat mehr als zehn Jahre Eventerfahrung. Sie organisierte zum Beispiel sieben Jahre die TEDx Freiburg. Sie bringt Expertise in Sachen Marketing, Kommunikation und Hospitality mit, ist digital versiert und verkörpert eine jüngere Generation. Deswegen ergänzen wir uns gut.
Welchen Grund hat die abermalige Veränderung?
Städtler: Das liegt daran, dass 2024 ein Übergangsjahr war. Günter Monjau, der sich aus Altersgründen verabschiedet hat, wirkte inhaltlich noch mit ebenso wie die Firma Zentgraf, die den Kongress kurzzeitig übernommen hatte. Wir von Spielplan4 haben uns dann Anfang 2025 entschieden, den Mittelstandskongress zu übernehmen, weil wir die gesamte Wertschöpfungskette – Vertrieb, Organisation und Kuration des Programms –abbilden können. 2024 war als Testjahr gut, aber jetzt freuen wir uns, dass die Ausgabe 2025 auch inhaltlich unsere Handschrift trägt.
Wie sieht diese Handschrift aus – was erwartet die Gäste?
Michelle Gänswein: Wir haben jetzt einen roten Faden, der sich durchs ganze Programm zieht und an den Menschen orientiert, die wir begrüßen wollen, nämlich Führungskräfte aus dem regionalen Mittelstand. Die haben derzeit Probleme, über die wir ebenso reden wollen, wie über das, was sie geschafft haben. Daher das Motto Reality Check. Wie bei einer Inventur schauen wir uns zusammen an, was klappt und was nicht mehr so gut läuft auf allen Ebenen – vom Mindset, über Finanzen, Organisationsentwicklung, Personal, New Work, Generationen, Nachfolge, Innovation, Verwaltung bis zu Digitalisierung und KI. Am Ende führt der Moderator und Grimme-Preis-Träger Patrick Breitenbach von Einzelimpulsen zur Diskussion mit dem ganzen Publikum. Eine sogenannte Fish Bowl, die zugleich als Podcast aufgezeichnet wird. Ein großes Finale.
„Wir richten uns an Leute, die einen ganzen Tag Zeit investieren, um sich intelligent zu vernetzen und Impulse bekommen wollen von Leuten, die die gleichen Probleme teilen.“

Florian Städtler (55) ist Gründer und Inhaber von Spielplan4. Die Event- und Kommunikationsagentur ging 2003 an den Start, beschäftigt mittlerweile zwölf Festangestellte und hat Anfang des Jahres den Freiburger Mittelstandskongress übernommen. Auf der Referenzliste stehen zudem Sick, Naturenergie, Endress + Hauser und der SC Freiburg.
Manche kamen in der Vergangenheit gerade auch wegen prominenter Speaker. Vergraulen Sie die mit dem neuen Konzept?
Städtler: Ich glaube, dass Prominente falsche Reize setzen. Wer nur deretwegen kommt, ist nicht unser bevorzugter Gast. Ich war selbst mal so einer vor vielen Jahren. Da habe ich mir eine Freikarte besorgt, bin mit einem Freund hin, habe den Vortrag angehört, zu Mittag gegessen und bin dann wieder gegangen. Das ist nicht die Art, wie wir uns den Kongress vorstellen. Wir richten uns an Leute, die einen ganzen Tag Zeit investieren, um sich intelligent zu vernetzen und Impulse bekommen wollen von Leuten, die die gleichen Probleme teilen oder sie sogar schon gelöst haben. Wir haben zum Beispiel den CEO von Dumont aus Köln zu Gast, der berichten kann, wie ein Familienverlag zum Medientechunternehmen wird. Solche Geschichten wollen wir präsentieren. Promis sind nicht grundsätzlich ein Problem, es geht um den Mehrwert. Gefälligkeit kann kein Maßstab sein, sonst produziert man nur Durchschnitt.
Gibt es auch finanzielle Gründe für die neue Ausrichtung? Schließlich kosten große Namen wie zuletzt Joschka Fischer oder Matthias Horx viel Geld.
Städtler: Nein, wir haben das Budget nicht verringert, sondern es anders aufgeteilt. Sparen ist allerdings grundsätzlich eine gute Tugend, zumal wir selbst ein kleines Unternehmen sind und mit so einem Projekt ein Risiko eingehen. Es ist eine Wette auf die nächsten drei bis fünf Jahre – dann wissen wir, ob sie aufgeht. Viele andere Konferenzen sind von Verbänden getragen. Uns ist es sehr wichtig, unabhängig zu bleiben. Wir sind zum Beispiel streng mit Speakern: Sponsoren können sich nicht die Bühne kaufen, weil wir keine Werbeveranstaltung sein wollen.
„Wir haben jetzt einen roten Faden, der sich durchs ganze Programm zieht und an den Menschen orientiert, die wir begrüßen wollen, nämlich Führungskräfte aus dem regionalen Mittelstand.“

Michelle Gänswein (30) ist bei Spielplan4 fürs Marketing verantwortlich. Die Veranstaltungskauffrau arbeitet seit fünf Jahren im Team von Florian Städtler, davor hat sie sieben Jahre die Innovationskonferenz „TEDx“ Freiburg geleitet.
Wie ist die Resonanz auf die Neuerungen – wie lief die Vermarktung des Kongresses?
Gänswein: Ein bisschen besser als letztes Jahr. Im September hatten wir mehr Anmeldungen als 2024. Zwar kommt immer noch ein Großteil der Teilnehmenden über Tickets der Partner. Mit denen zusammen haben wir aber beschlossen, fokussierter einzuladen, um die beschriebene Zielgruppe hier zu haben, weil die wertvoller ist als jene, die nur wegen eines großen Namens kommen. Haupteinnahmequelle sind und bleiben unsere Sponsorenpakete. Deren Verkauf ist dieses Jahr gut gelaufen, und die Prognose für nächstes Jahr ist noch besser.
Ändern sich auch Organisation und Ablauf des Mittelstandskongresses?
Städtler: Ja, es führt jetzt zum Beispiel eine Moderatorin entlang des Mottos durch den Tag, und es gibt eine größere Bandbreite von Formaten. Wir haben Anfang des Jahres eine dreimonatige Innovationsreise unternommen, an der sich etwa vierzig Leute beteiligten. Ein Ergebnis war, dass die Zusammenarbeit in Ökosystemen sehr wertvoll ist. Deshalb gibt es beim Kongress weniger Keynotes, dafür mehr Dialog und Interaktion. Viele Gespräche, auch mit weiteren Moderatoren, aber nicht zu viele Panels. Außerdem den Treffpunkt Tacheles. Da stellt sich einmal Regierungspräsident Carsten Gabbert den Fragen zum Thema Bürokratie. Und einmal dürfen Menschen um die dreißig sagen, wie sie sich die Wirtschaft und Arbeitswelt der Zukunft wünschen. Das zeichnen wir auf, wie fast das gesamte Programm.
Gänswein: Die Veränderungen kann man auch im ersten Obergeschoss sehen. Wo früher nur das Catering war, gibt es jetzt eine Netzwerk- und Medienbar mit Kaffee, Sitzgelegenheiten und einem Stammtisch, den sich acht Netzwerke teilen. Außerdem bieten wir in einem zusätzlichen Raum, der sogenannten Werkstatt, Einblicke in unsere Arbeit und Ausblicke auf die kommenden Ausgaben. Sehr nützlich ist das neue intelligente Match-Making: eine Art Datingplattform für Unternehmen, die über den Kongresstag hinaus verfügbar bleibt. Und ganz analog organisieren wir Reisegruppen, die sich immer wieder treffen, damit sich keiner verloren fühlt.
Programm
Der 20. Freiburger Mittelstandskongress am 15. Oktober im Konzerthaus Freiburg beginnt mit einem Gespräch der Moderatorin Mary-Jane Bolten von der Unternehmensberatung 1789 Consulting mit Marie Kilg von der Deutschen Welle. Den Eröffnungsvortrag hält der Neurowissenschaftler und Autor Henning Beck über die „Biologie des Geistesblitzes“. In den Parallelvorträgen geht es vormittags um Unternehmensfinanzierung (Referenten: die ehemaligen Bankvorstände Uwe Barth und Marcel Thimm) und Organisationsentwicklung (Organisationssoziologin Judith Muster). Zudem bietet der „Treffpunkt Tacheles“ Young Professionals eine Plattform. Nach dem Mittagessen stellt sich Regierungspräsident Carsten Gabbert der Bürokratiekritik. Nachmittags diskutieren zudem parallel die Unternehmer Tilman und Frank Obergfell (Kundo/OTG AG) sowie Oliver Eckert (Dumont-Verlag) über die Rolle und Zukunft von Familienunternehmen. Anschließend thematisieren Michelle Rowbotham (Endress+Hauser) und Michael Overdick (Sick) den Nutzen von Ökosystemen, ehe der Podcaster Patrick Breitenbach (1789 Consulting) zur „Corporate Therapy“ im Fishbowl-Format einlädt. Im Anschluss an das Programm im Konzerthaus gibt es einen Ausklang in der Theaterbar.
Information und Anmeldung: www.fr-mk.de