Belugalinse statt Champignon, Glas statt Dose, Supermarkt statt Reformhaus: Die Allos Schwarzwald GmbH in Freiburg ist dabei, einen mehrjährigen Changeprozess abzuschließen. Auch wenn das auf pflanzliche Bio-Brotaufstriche spezialisierte Unternehmen inzwischen anders heißt: Die Traditionsmarke Tartex gibt es nach wie vor.
Text: Susanne Maerz
Es zischt und klackert, während die Maschine eine Portion Avocadocreme nach der anderen in Gläser füllt. Dann werden sie ebenfalls vollautomatisch mit einem Deckel verschlossen, in Sterilisationskörbe geschichtet und schließlich in sogenannten Autoklaven thermisch behandelt. „Das ist ein ganz wichtiger Prozess“, erklärt Gregor Reddemann, Geschäftsführer der Allos Schwarzwald GmbH. Denn die Brotaufstriche des Unternehmens, die im Handel hauptsächlich unter den Marken Allos und Tartex zu finden sind, werden ohne Konservierungsstoffe hergestellt und daher durchs Sterilisieren haltbar gemacht.
Die Autoklaven wurden in den vergangenen Jahren nach und nach angeschafft und ersetzten Vorgängermodelle. Insgesamt sechs Millionen Euro investierte das Unternehmen in dieser Zeit, das meiste in neue Produktionsanlagen. Es ist der größte Modernisierungsprozess in der Geschichte des Freiburger Werks.
Dieses wurde 1963 als Tochter der Schweizer Firma Dyna eröffnet, damals ein Pionier für pflanzliche Brotaufstriche. In den 1940er-Jahren hatte Dyna eine auf Hefe basierende Creme entwickelt. Fleischprodukte waren in Kriegszeiten auch in der Schweiz Mangelware. Der Aufstrich sollte indes kein schnöder Ersatz sein, sondern etwas Besonderes – dazu passte der Name: Tartex ist abgeleitet von den französischen Wörtern für belegte Schnitte „tartine“ und „exquisit“.
Aus Tartex wird Allos
Von 1971 bis 1997 gehörte Tartex zu Nestlé. Dann verkaufte der Konzern seine Reformhaussparte mit den Marken Tartex und Dr. Ritter an den Konzern Corposan. Der Standort hieß fortan Tartex & Dr. Ritter GmbH. 2001 übernahm die niederländische Wessanen-Gruppe das Freiburger Werk und später auch die Allos Hof-Manufaktur mit Hauptsitz in Bremen. Im Jahr 2014 stellte sie den hiesigen Standort unter dem Dach der Bremer neu auf.
Der Grund: Mit der zunehmenden Nachfrage nach vegetarischen und biologischen Lebensmitteln ab Mitte der 1980er-Jahre brachten immer mehr Unternehmen vegetarische Aufstriche auf den Markt. Parallel dazu eröffneten immer mehr Biomärkte, und auch Supermärkte nahmen vermehrt Bioprodukte in ihr Sortiment. Tartex indes durfte damals nur in Reformhäusern vertrieben werden, das regelte ein Exklusivvertrag. Dieser versperrte dem Unternehmen nun den Zugang zu neuen Vertriebskanälen. Allos indes war mit seinen im niedersächsischen Drebber produzierten Riegeln, Müslis und Honig bereits in Biomärkten etabliert. Daher entschied man sich, in Freiburg auch vegetarische Aufstriche unter dieser Marke zu produzieren.

„Wirtschaftlich hat sich das gelohnt“, berichtet Geschäftsführer Reddemann. Seitdem hat sich die Produktionsmenge in Freiburg beinahe verdoppelt auf heute 4800 Tonnen im Jahr. Der Umsatz der Allos Schwarzwald GmbH beträgt 40 Millionen Euro, 85 Mitarbeitende sind beschäftigt. Die Allos-Firmenmutter Ecotone, wie Wessanen inzwischen heißt, hat ihren Hauptsitz in Lyon, betreibt sechs Werke in verschiedenen europäischen Ländern und beschäftigt rund 1.600 Mitarbeitende. Sie ist laut eigenen Angaben europäischer Marktführer für biologische, vegetarische und Fairtrade-Lebensmittel.
Glas löst die Dose ab
Die Freiburger stellten ab 2013 die Verpackung ihrer Aufstriche zudem nach und nach von Dose auf Glas um. Diesen Prozess hatten viele Mitbewerber damals bereits hinter sich. Man musste also nachziehen. Denn, so erklärt Reddemann: „Die Verbraucher wollen das Produkt sehen können.“ Aufstriche in der Dose würden heutzutage häufig als minderwertiger angesehen.
Neben den cremigen Aufstrichen gibt es seitdem auch stückige wie die Sorte Belugalinse Balsamico, heute einer der Bestseller. Weitere sind das Paprika Trio und die Avocadocreme. Mit Aufstrichen im Glas erwirtschaftet Tartex heute 85 Prozent seines Umsatzes.
Die Pasteten in Dosen, mit denen Tartex bekannt wurde, gibt es nach wie vor. Allerdings wurde das Sortiment auf Klassiker wie Kräuter und Champignon reduziert. Vertrieben werden sie vor allem im Ausland, ihr Umsatzanteil ist von 80 auf 13 Prozent zurückgegangen. Der Rest entfällt auf Aufstriche in Tuben, die für den skandinavischen Markt produziert werden. Dort ist es üblich, auch Kaviar- oder Käsecremes derart verpackt zu kaufen.
Hauptabsatzmärkte für die herzhaften Aufstriche sind Deutschland, Österreich und die Schweiz, gefolgt von Frankreich und Nordeuropa. „Die Brotaufstriche sind dort am stärksten gefragt, wo es eine Brot- und Abendbrotkultur gibt“, erklärt Reddemann. Die Brotkultur braucht es auch für die süßen Fruchtaufstriche, die die Freiburger seit 2017 im Portfolio haben. Zuvor wurden sie im Allos-Werk in Drebber in Niedersachsen produziert, das ansonsten nur trockene Produkte herstellt.
Mit Suppen gegen die Kosumzurückhaltung
Seit vergangenem Jahr produzieren die Freiburger zudem Kartoffel-, Kürbis- und Tomatensuppe der Marke Little Lunch, die ursprünglich im Augsburger Standort der Allos Hof-Manufaktur hergestellt worden war. „So konnten wir den Volumenrückgang bei den Aufstrichen kompensieren und haben trotz der Marktherausforderungen ein stabiles Wachstum“, erklärt Gregor Reddemann.


Denn nach dem Boom in der Pandemie ging die Nachfrage nach Bio-Produkten angesichts der Inflation und Preissteigerung seit dem Ausbruch des Ukrainekriegs zurück. Auch die Allos Schwarzwald GmbH spürte die Konsumzurückhaltung: Am stärksten war die Marke Allos betroffen, aber auch der Anteil an Fremdmarken, für die das Werk Aufstriche produziert, reduzierte sich in diesem Zuge von 30 auf heute etwa 10 Prozent.
Strom von den Dächern zum Kühlen
Angesichts der gestiegenen Energiepreise profitierte die Allos Schwarzwald GmbH davon, dass etwa ein Viertel des Strombedarfs von den Photovoltaikanlagen auf den Dächern des Standortes erzeugt und direkt verwendet wird. Und der Stromverbrauch ist hoch. Das liegt daran, dass Allos Schwarzwald die meisten Zutaten tiefgekühlt einkauft. Alles kommt entweder als Vorprodukt oder bereits gewaschen, geschnitten und dann tiefgekühlt direkt vom Feld. Geputzter und geschnittener Spinat gehört genauso dazu wie gegrillte Auberginen.
Beim Interviewtermin Anfang September wird in einem 1200 Liter fassenden Behälter ein Aufstrich mit gelben Linsen und Avocado produziert. Davor steht eine riesige Wanne mit Linsenpaste, an einer Wand sind Eimer voller Gewürze und Öle aufgereiht, ebenso Avocadostücke. Nach und nach geben Mitarbeitende in der richtigen Reihenfolge, bei der vorgegebenen Temperatur und Zeit, die verschiedenen Zutaten hinein, bis der Aufstrich fertig ist.
Er wird so wie die Avocadocreme später abgefüllt und thermisch behandelt. Dann saugt ein Roboter die noch feuchten Gläser lagenweise an und bringt sie zur nächsten Maschine, wo sie erst getrocknet und dann, wieder begleitet von klackernden Geräuschen, etikettiert, kontrolliert, und schließlich in Kartons verpackt werden. 180 Gläser pro Minute schafft die Etikettiermaschine. Nächstes Jahr soll noch eine neue Füllmaschine kommen. Dann ist der Changeprozess erstmal abgeschlossen.
