Michael Hofer und Philip Klingel haben sich mit ihrer Hakuna Matata Feinkost Manufaktur auf Aufstriche, Chutneys und Soßen aus regionalen Bio-Produkten spezialisiert. Um sich in der Nische behaupten zu können, ist viel Anstrengung nötig.
Text: Susanne Maerz
Wie ein Kaufladen für Erwachsene sieht die Verkaufsecke von Hakuna Matata in einem Hinterhof im Freiburger Stadtteil Wiehre aus: In zahlreichen kleinen, zum Teil aus Weinkisten gebauten Holzfächern steht Paprikacreme neben Zitronenmarmelade, Senf mit Röstzwetschgengeschmack und Birnen-Chutney. Auf der anderen Seite Schwarzkirsch-Balsamico und Pastasaucen. In einem extra Regal gibt es Chilipasten und -saucen in verschiedenen Schärfegraden, von süß-sauer bis „Hot Hot Hot“, wie auf den Etiketten steht. Letzteres ist freilich eher ein Nischenprodukt. „Aber es gibt Leute, die das richtig feiern“, sagt Michael Hofer, der Organisation und Controlling verantwortet. Sein Geschäftspartner, der Produktionsleiter Philip Klingel, sei einer von ihnen, berichtet er.



Hofer, heute 42, und Klingel, 36 Jahre alt, sind gelernte Köche – und haben vor 18 Jahren im Grünen Baum in Merzhausen einen Teil ihrer Ausbildung zusammen absolviert. Danach zog es beide hinaus in die Welt, so wie es in der Branche üblich ist. Zurück in Freiburg, trafen sie sich wieder und schmiedeten bald Pläne für ein eigenes Unternehmen. Ihre Idee: „Lebensmittel zu produzieren, die nicht aus Füllstoffen bestehen, sondern aus dem, was draufsteht“, erklärt Michael Hofer. Seit 2012 stellen sie diese in ihrer kleinen Manufaktur mit inzwischen fünf Mitarbeitenden sowie je nach Bedarf einigen zusätzlichen Aushilfen her.
Auch wenn es sie seit 13 Jahren gibt: Ein Selbstläufer ist das Unternehmen nicht. Im Gegenteil. „Wir müssen uns immer wieder neu erfinden“, sagt Michael Hofer. Mehrfach sei die Existenz des jungen Unternehmens bedroht gewesen, doch jedes Mal konnten die beiden das Steuer wieder herumreißen.
Angefangen auf Freiburger Märkten
Bekannt wurden sie bei Freiburgern und Gästen mit ihrem Stand erst auf Stadtteilmärkten und dann auf dem Münstermarkt. Damals stellten die Köche ihre Aufstriche und Chutneys noch in der Küche von befreundeten Gastronomen her – immer dann, wenn diese nicht arbeiteten. Es war perfekt für den Start, denn so konnten sie die Kosten geringhalten, aber keine Dauerlösung.
Der erste Meilenstein in der Unternehmensgeschichte war denn auch der Umzug in eine eigene Produktionsstätte im Freiburger Westen nach etwa einem Jahr. Die Manufaktur wuchs, die ersten Feinkost- und Bioläden kamen als Kunden hinzu, und der Onlineshop lief. Doch dann, im Jahr 2016, flatterte völlig überraschend die Kündigung ins Haus. „Da haben wir uns zum ersten Mal die Frage gestellt: aufhören oder weitermachen?“, erinnert sich Michael Hofer. Doch aufgeben kam nicht infrage. Also suchten die beiden neue Räume und wurden am heutigen Standort in der Freiburger Günterstalstraße fündig. Im November 2018 starteten sie dort neu. 120.000 Euro mussten sie zuvor in den Um- beziehungsweise Aufbau von Produktion, Lager und Büro stecken und stemmten dies mithilfe eines Förderkredits der Kreditanstalt für Wiederaufbau.
In der Pandemie blieben die Kunden zuhause
Auf anstrengende folgten ruhigere Monate. „Und dann kam Corona“, sagt Michael Hofer und hält kurz inne. Von einem Tag auf den anderen brach der Absatz ein. Zwar durften die Produkte von Hakuna Matata weiterhin verkauft werden – auf dem Münstermarkt genauso wie in vielen kleinen Läden, die zwar öffnen durften, deren Kundinnen und Kunden aber häufig lieber in großen Geschäften einkauften, in denen besser Abstand gehalten werden konnte. „Wir waren mehrfach praktisch zahlungsunfähig“, erinnert sich der gebürtige Freiburger. Mithilfe von Kurzarbeit hielten sich er und sein aus Goslar stammender Geschäftspartner über Wasser. Und dank neuer Geschäftsideen.
Die Jungunternehmer traten an Edeka-Märkte heran, die daraufhin Produkte von Hakuna Matata in ihr Sortiment aufnahmen – passend zum Trend zu regionalen Produkten. Parallel dazu fingen sie an, für die Eigenmarken einzelner Märkte zu produzieren. So schafften sie es, ihre Kosten zu decken und in ruhigeres Fahrwasser zu gelangen.



Beim Interviewtermin schneidet in der Küche gerade ein Mitarbeiter Zucchini, um sie später einzulegen. In einem anderen Raum befüllt eine Beschäftigte die Etikettiermaschine mit Sirupflaschen. Beide Produkte werden später unter anderen Labels vertrieben. Zu den Kunden zählen regionale Unternehmen wie die Demeter-Gärtnerei Piluweri aus Müllheim – inzwischen der wichtigste Partner von Hakuna Matata und auch bedeutender Lieferant, wie Hofer betont – sowie der Kohlensäurezylinder-Hersteller Sodabär aus Hugstetten. Dazu kommen Händler wie Mutterland aus Hamburg und deutschlandweit Delikatessengeschäfte.
„Es ist uns immer wichtig, dass die Kunden zu uns passen“, sagt Michael Hofer. Auch die Halde auf dem Schauinsland ist darunter. Für das Wellnesshotel produziert Hakuna Matata zum Beispiel Zitronen-Ingwer-Sirup. Auch andere Hotels und Restaurants beliefern die Freiburger – unter anderem mit Sirup, Tomatensoßen und Salatdressings.
Hochwertige Lebensmittel als Luxusgut
Diese sogenannte Lohnherstellung hilft ihnen, die schwankenden Aufträge der Eigenmarke abzufangen. Denn seit Beginn der Rezession vor mehr als zwei Jahren sparen die Menschen. Das trifft nicht nur Hakuna Matata, sondern auch viele andere Erzeuger, Produzenten und den Biolebensmittelhandel insgesamt. Das Geschäft mit den hochwertigen Lebensmitteln, für viele inzwischen ein Luxusgut, ist schwerer kalkulierbar geworden. Dazu kommen die gestiegenen Kosten für die Rohstoffe.
Daher sind Klingel und Hofer froh über die verschiedenen Standbeine. Mit der Lohnherstellung erwirtschaften sie heute etwa 30 Prozent ihres Umsatzes, ein weiteres Drittel mit dem Einzelhandel und etwa 15 Prozent mit dem Biogroßhandel. Der Direktverkauf im Hof und über den Onlineshop steuert rund ein Viertel zum Umsatz bei. Auf Letzteren weist ein Aufsteller in der Günterstalstraße hin – mit Bild eines überdimensionalen Glases der marokkanischen Salzzitrone, einer Besonderheit im Sortiment.
3000 bis 4000 verschiedene Produkte stellen die Mitarbeitenden im Jahr her. Bestseller ist die Creme aus gegrillter Paprika, gefolgt von Cremes aus Aubergine, in der arabischen Küche als Baba Ganoush bekannt, sowie gegrilltem Kürbis. Auch das Sortiment überprüft das kleine Team regelmäßig, nimmt raus, was nicht läuft, und entwickelt Neues. So, wie zuletzt eine Creme aus geschmortem Sellerie. Gerade bauen Hofer und Klingel zudem ein weiteres Standbein auf: frische, kühlpflichtige Feinkost wie marinierte Antipasti, mit der sie demnächst beispielsweise Edeka-Märkte beliefern.
Nicht nur die Produkte, auch alle Kosten stellen die Unternehmer regelmäßig auf Prüfstand. Zum Beispiel schaffen sie gerade eine eigene Waschmaschine an, um die Arbeitskleidung künftig selbst reinigen zu können. Das sei auf die Dauer günstiger, sagt Hofer. Weil es sich nicht mehr gerechnet habe, verabschiedete sich Hakuna Matata auch vom Stand auf dem Münstermarkt. „Wir wollen ein gesundes, kleines Unternehmen haben, von dem wir unseren Lebensunterhalt bestreiten können – ohne Luxus und dicke Autos“, betont Michael Hofer.