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Bäckerei Pfeifle: Kommt Zeit, kommt Brot

  • 31. März 2025
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Die Bäckerei Pfeifle hat die Nachfolge gesichert: Leon Pfeifle hat vor gut einem Jahr die Meisterschule beendet und leitet nun die Backstube der kleinen Freiburger Kette, die sich mit schlankem Sortiment auf dem engen Markt behauptet.

Text: Kathrin Ermert • Fotos: Alex Dietrich

Er kann sich nicht an den einen Moment erinnern, an dem er beschlossen hat, Bäcker zu werden. Es war für Leon Pfeifle einfach immer klar. Das Gymnasium hat er nach der zehnten Klasse verlassen, um die Ausbildung zu beginnen. Im eigenen Familienbetrieb. „Wo sonst soll man bessere Inhalte vermitteln?“, fragt Vater Wolfgang Pfeifle selbstbewusst. In Sachen Sauerteigtechnik habe sein Team derart viel Know-how aufgebaut, dass kein anderer Lehrbetrieb in der Region in Frage kam. Und bis ins Fränkische, wo der nächste Sauterteigprofi sitzt, wollte Wolfgang Pfeifle seinen damals noch 15-jährigen Sohn nicht schicken, auch aus eigener Erfahrung. Er hat wenig gute Erinnerung an seine Lehrzeit in Stetten am Kalten Markt – „Kost und Logis und sonst nur schaffen. Das will man nicht für sein Kind.“

„Wir sind um alle Brotpuristen froh, weil sie das wahre Backhandwerk in den Mittelpunkt stellen.“ — Wolfgang Pfeifle

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Leon (links) und Wolfgang Pfeifle in der BAckstsube in Freiburg-Haslach. Vater und Sohn, 55 und 22 Jahre alt, wollen noch eine Weile miteinander arbeiten.

Die Bäckerei Pfeifle gehört zu den Vorreitern einer Rückbesinnung auf handwerkliches Backen. Nachdem Wolfgang Pfeifle 1997 den Betrieb in vierter Generation übernommen hatte, verbannte er peu à peu alle Maschinen aus der Backstube. Nur Mischer und ein Brötchenteigteiler durften bleiben, der Rest wurde wieder Handarbeit. Zwischenzeitlich sind viele diesem Trend gefolgt, beispielsweise hat der ehemalige Produktionsleiter von Pfeifle, Michael Schulze, 2022 seine Bäckerei Brotbruder im Freiburger Stadtteil Wiehre gestartet. Wolfgang Pfeifle sieht die Konkurrenz entspannt. „Wir sind um alle Brotpuristen froh, weil sie das wahre Backhandwerk in den Mittelpunkt stellen“, sagt der Bäckermeister. Außerdem fungierten die Neuen als Qualitäts- und Preistreiber – „das hilft uns“. Und wenn sie tatsächlich mal Nachteile hätten, müssten sie sich eben anstrengen, um noch besser zu werden.

Kein Chichi

Während seiner Ausbildung hat Leon Pfeifle noch bei Michael Schulz gelernt, anschließend mit dessen Nachfolger Lumbadh Sope gearbeitet. Ende 2023, kurz nachdem Leon Pfeifle die Meisterschule in der Akademie des Bäckerhandwerks in Weinheim als Bäckermeister und Betriebswirt absolviert hatte, machte sich auch Sope selbstständig, übernahm eine Bäckerei in der Ortenau. Seither leitet Pfeifle-Junior als einziger Meister – außer seinem Vater – die Backstube. „Er konnte allmählich in die Rolle hineinwachsen, denn es gibt einige sehr erfahrene Gesellen im Team. Das wuppt den Alltag auch mal ohne Betriebsleitung“, erzählt Wolfgang Pfeifle an einem schmuddeligen Dienstagnachmittag.

Wir sitzen im Café am Pfeifle-Hauptsitz in Freiburg-Haslach. An einem anderen Tisch plaudern vier ältere Damen bei Kaffee und Kuchen. Regelmäßig kommen Handwerker in Montur, holen sich Kaffee, Butterbrezel und süßes Teilchen to go oder nehmen im Café Platz. „Die können hier mit ihren Arbeitsschuhen rein, Eltern mit Kinderwagen, es ist alles robust, kein unnötiges Chichi“, sagt Wolfgang Pfeifle. Es zeigt die Bodenhaftung von Pfeifle, die passt offenbar zu den Bedürfnissen der Menschen und ist vielleicht ein Grund für den Erfolg der Freiburger „Filialbäckerei mit Manufakturqualität“, wie er seinen Betrieb nennt.

Pfeifle verfolgt eine andere Strategie als viele regionale Bäckereiketten wie Kaisers, Reiß-Beck, Heitzmann oder Beckesepp. Der Betrieb hat die Zahl seiner Standorte von zwölf auf acht reduziert, gleichzeitig die Umsätze verdreifacht und die Zahl der Mitarbeitenden mehr als verdoppelt. Außer dem Stammsitz samt Backstube, Verwaltung, Verkauf und Café im Stadtteil Haslach gehören nur noch sieben weitere Filialen in Freiburg und ein Marktstand mit zusammen 120 Mitarbeitenden dazu. Pfeifle lehnt alle Anfragen für neue Standorte, die fast wöchentlich eintrudeln, ab, beliefert aber 18 Hieber-Märkte und viele Gastronomiebetriebe wie das Colombi. In den eigenen Filialen steigen die Stückzahlen, „weil uns immer noch eine gute Idee einfällt, wie wir geschickter produzieren“, sagt Wolfgang Pfeifle. Das bedeutet für ihn: Das Sortiment schlank und die Qualität hoch halten.

Dazu hat kurioserweise sogar „Brezelgate“ beigetragen. Der vermeintliche Skandal, dass Pfeifle sein Laugengebäck nicht selbst knetet, sondern als tiefgefrorene Rohlinge aus dem Schwäbischen bezieht, sorgte 2017 für mediale Aufregung, hat der Bäckerei aber mehr genutzt als geschadet. Sie verkaufte fortan noch mehr Brezeln, beendete aber weitere Zukäufe und konzentrierte sich auf ihre Stärken. Jetzt gibt es bei Pfeifle nur noch eigene Produkte – außer eben den schwäbischen Laugenteilen. Die Backstube sei zu klein, um mit Lauge und anderen Backtriebmitteln zu hantieren, erklärt Wolfgang Pfeifle.

In der Pfeifle-Backstube in Freiburg-Haslach ticken die Uhren anders. Der Teig bekommt hier viel Zeit.

Sauerteigfans aus der ganzen Welt

Vater und Sohn, 55 und 22 Jahre alt, wollen noch eine Weile miteinander arbeiten. Während sich der Junior ums Operative kümmert, fokussiert sich der Senior aufs Zwischenmenschliche. Wolfgang Pfeifle hat ein paar Fortbildungen zum Thema Führung besucht, ist aber weitestgehend Autodidakt und doziert mittlerweile selbst gern über sein Arbeitgebermodell. „Wir müssen überhaupt nicht rekrutieren“, sagt er. „So viele Menschen kommen von allein zu uns.“ Sowohl Fachkräfte als auch Quereinsteiger, trotz knackiger Arbeitszeiten. Die Nachtschicht geht von 0.30 bis 9 Uhr, die Tagschicht von 6.30 bis 15 Uhr. Es gibt keine Rotation, man wechselt die Schichten nicht. In der Produktion arbeiten auch Frauen. Jene, die aus anderen Bäckereien kommen, brauchen ein paar Wochen, um zu verstehen, dass in Freiburg-Haslach die Uhren anders ticken und der Teig viel Zeit bekommt. „Das ist wie eine zweite Ausbildung“, sagt Leon Pfeifle.

Es gibt eine wachsende Zahl von Backpuristen, die das Pfeifle Credo schätzen: nur natürliche Zutaten, keine technischen Enzyme, auch nicht im Mehl versteckt, wie es manch eine Mühle anbietet, damit die Bäckerei sie nicht deklarieren muss, vermeintlich also ein sauberes Label behält. Man vernetzt sich in den sozialen Medien, tauscht sich aus. Leon Pfeifle spricht von der „Bäckerbubble“, in der sich Sauerteigfans aus der ganzen Welt treffen. Regelmäßig erreichten Pfeifle Anfragen brotbegeisterter Gastarbeitender, erzählt er. So besuchte beispielsweise der Kalifornier Jyan Isaac vor Corona die Haslacher Backstube. Und vergangenen Sommer stattete Leon Pfeifle den Gegenbesuch in Kalifornien ab, wo er einen Monat in Isaacs Sauerteigbäckerei und der Tartine Bakery in Santa Monica arbeitete. Auch eine italienische Panettone-Expertin mischte schon in Haslach mit. Sie empfahl Leon Pfeifle, auch auf die eigenen Hände, statt nur aufs Teigthermometer zu vertrauen, und half damit, den Hefeteig zu optimieren.

Der süße Gugelhupf gehört zu den wenigen Weihnachtsspezialitäten von Pfeifle. Das Sortiment soll nicht ausgedehnt werden, betont Wolfgang Pfeifle: „Wir vermeiden ständige Innovationen an der Theke“. Deshalb wird es vorerst auch keine Sauerteigbagels geben, deren Rezept Leon Pfeifle aus Kalifornien mitgebracht hat.

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