„85 Prozent der mittelständischen Unternehmen in Deutschland mit einem Beirat schreiben diesem einen unmittelbaren, positiven Beitrag zum gesteigertem Unternehmenserfolg zu“. Dies belegen renommierte Studien dieser Tage. Umso erstaunlicher ist es, dass nur ein Bruchteil der Unternehmen insgesamt über einen Beirat oder Aufsichtsrat verfügt. Es stellt sich die Frage nach den Gründen für diese Diskrepanz. In größeren mittelständischen Unternehmen, vor allem Aktiengesellschaften und mitbestimmten GmbHs, existiert neben dem Vorstand bzw. der Geschäftsführung, der die Geschäfte des Unternehmens alleinverantwortlich führt, zusätzlich ein Aufsichtsgremium, der Aufsichtsrat. Besteht hingegen keine gesetzliche Verpflichtung, obliegt es der Entscheidung der Gesellschafter, ob ein solches Gremium zur Kontrolle der Geschäftsführung eingerichtet werden soll, beispielsweise in Form eines Beirats. Dieser ist in keinem Gesetz explizit als Organ definiert und kann unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens freiwillig als zusätzliches Gremium gebildet und entsprechend ausgestaltet und mit Befugnissen ausgestattet werden. Jene mittelständischen Unternehmen, welche die Beiratsarbeit als klaren Erfolgsfaktor bewerten, haben ihren Beirat eben nicht wie einen Aufsichtsrat primär zur Überwachung des operativen Geschäftes installiert. Vielmehr liegt der Fokus hier auf der Beratung aus unternehmerischer Perspektive. Und genau hierin besteht die Chance, die es zu begreifen und konsequent zu ergreifen gilt. Finanzkrise, Internationalisierung, höheres Expansionstempo und Nachfolge sind nur einige Schlagworte – mittelständische Unternehmen sehen sich wachsenden internen und externen Herausforderungen gegenüber, die den Unternehmenserfolg und somit den nachhaltigen Unternehmensbestand bestimmen. Hierzu braucht es in erster Linie einen vertrauenswürdigen Partner auf Augenhöhe, von dem man sich als Entscheider weitere Impulse für die strategische Weiterentwicklung des Unternehmens einholen kann – von Unternehmer zu Unternehmer. Ein aktiver Beirat wirkt darauf hin, Strukturen und Prozesse permanent fortzuentwickeln, Strategien zukunftsfähig zu machen und den wachsenden Anforderungen der Internationalisierung Schritt zu halten. Der Beirat kann hierbei die Entscheidungsqualität durch Empfehlungen und Aufzeigen von Handlungsoptionen, aber auch durch kritisch konstruktives Nachfragen und Herausfordern verbessern, die Transparenz und Nachhaltigkeit im Handeln erhöhen und die wichtige Neutralität in Familienunternehmen herstellen. So lassen sich präventiv gesteuert Handlungsrisiken minimieren. Zudem kann der Beirat auch in kritischen Unternehmensphasen begleiten, den Nachfolgeprozess unterstützen oder wie kein anderer Akteur in Konfliktsituationen die Moderatorenrolle übernehmen und die Interessen von Gesellschaftern und Geschäftsführung harmonisieren. Zudem werden neben dem Knowhow vor allem auch durch das individuelle Netzwerk der Beiräte neue Marktzugänge eröffnet. Diese mannigfaltigen Chancen haben längst auch Fremdkapitalgeber erkannt und honorieren die Etablierung eines funktionsfähigen Beirats im Mittelstand im Rahmen der Kreditvergabe inzwischen mit deutlich verbesserten Konditionen und einem positiven Ratingbeitrag auf Niveau der Eigenkapitalbewertung. Die Etablierung eines Beirats alleine reicht zur Bestandssicherung und Steigerung des Unternehmenserfolgs natürlich nicht aus. Der Beirat sollte aus erfahrenen Entscheidern verschiedener Disziplinen zusammengesetzt werden. Werden von diesen Beiräten unternehmerische Impulse gefordert, sollten vor allem unternehmerische Kompetenzen vertreten sein. Sinnvoll ist es, zudem erfahrene Entscheider mit hoher natürlicher Autorität und einem entsprechend objektiven wie ergebnisorientierten Urteilsvermögen aus verschiedenen Branchen mit unterschiedlichen Expertisen, Denkrichtungen und Erfahrungshintergründen für das Gremium zu gewinnen. Hierfür sind detaillierte Anforderungsprofile notwendig. Auch ist die Erwartungshaltung an das Gremium präzise zu formulieren. Dem Beirat müssen ebenso konkrete Aufgaben zugewiesen und klare Kompetenzen übertragen werden, um von Beginn an eine professionelle Arbeitsstruktur zu gewährleisten. Viel Freude beim Aufgreifen dieser Chancen!
Tobias Bobka
Unternehmer, Berater
und Sparringspartner
im Mittelstand