Sie sind in Freiburg und Furtwangen angesiedelt, in Offenburg und Weil – und ihre Abnehmer in der ganzen Republik oder dem Rest der Welt. Unternehmen, die hier mit unterschiedlichen Ausprägungen Künstlicher Intelligenz arbeiten. Sie digitalisieren Maschinen, Steuerbelege, Medizinbefunde oder regionale Ansiedelungen. Mit Software, die aus sich selbst immer mehr Daten generiert. Wir stellen acht spannende KI-Firmen vor.
VON ANNA-LENA GRÖNER
Es klingt wie eine Geschichte aus dem Silicon Valley: aus der Garage einer kleinen Software-Firma auf dem elterlichen Bauernhof in der Ortenau wurde in kurzer Zeit ein mittelständisches Unternehmen mit inzwischen 180 Mitarbeitern und 10 Millionen Euro Umsatz durch Abo-Verkäufe. Fabian Silberer und Marco Reinbold, beides studierte Wirtschaftsinformatiker, gründeten 2013 ihre Software-Firma „sevdesk“. „Wir haben damals noch alles gemacht, was Geld gebracht hat“, sagt der heute 29-jährige Silberer und meint: für Unternehmen Websites programmiert und sich ums online-Marketing gekümmert.
Dann kam die Idee mit der intelligenten Buchhaltungssoftware. Schon nach zwei bis drei Wochen gab es den ersten Prototypen, der immerhin 60 Prozent aller Rechnungen und Belege einlesen und selbstständig verwalten konnte. Inzwischen liegt die Quote bei 90 Prozent, 98 sind das anvisierte Ziel. Dazu wird die KI-Software ständig neu gefüttert und überarbeitet. Vor allem handgeschriebene Taxibelege, Quittungen und Rechnungen aus dem Ausland bereiten dem Programm noch Probleme.
Es muss weiter dazulernen. Das neue Wissen wird durch monatliche Software-Updates für die Kunden auf den aktuellen Stand gebracht. Und was macht die Software intelligent? Sie liest die eingescannten Belege und interpretiert sie, um zu entscheiden, wie etwas verbucht wird und in welchen Ordner es abgelegt werden kann. Auch die Semantik hinter den Wörtern wird dank Bilderkennung „gelesen“ und erkannt. Lästiges Abtippen und Rechnungen schreiben – nicht nötig.
Drei Abo-Angebote können bei „sevdesk“ abgeschlossen werden; 7,90 Euro kostet die einfache Rechnungsversion, 43 Euro bezahlt der Kunde für das Komplettpaket „Warenwirtschaft“ mit Lagerverwaltung, Lieferanten- und Artikelzuordnung. Abgeschlossen wird das Abonnement für einen, 12 oder 24 Monate. Inzwischen ist die KI-basierte Buchhaltungssoftware das Kernprodukt des Offenburger Unternehmens, Kernmärkte sind Deutschland und Österreich.
220 Arbeitsstunden könnten sich Freiberufler und Kleinunternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern durch diese Software sparen, außerdem bares Geld. „Etwa 2500 Euro zahlen Kleinunternehmen ihrem Buchhalter im Jahr“, sagt Fabian Silberer. Der wird durch das cloudbasierte Buchhaltungsprogramm hinfällig. „Unser Hauptkonkurrent ist immer noch der Schuhkarton, in dem Rechnungen und Belege gesammelt werden.“ Auch „lexoffice“ vom großen Unternehmen Haufe-Lexware sitzt in direkter Nachbarschaft. Der Markt sei groß genug, versichert Silberer.
Um weiter Kunden zu gewinnen, arbeitet das Offenburger Unternehmen an seiner Marketing-Strategie: es nutzt die Werbekanäle von Google und Facebook, arbeitet mit Vertriebspartnern und treibt eine andauernde Suchmaschinenoptimierung der eigenen Website voran. Außerdem sucht der sevdesk-Vertrieb den direkten Kontakt zu Steuerberatern und möchte über ein eigenes Steuerberaterportal auf der sevdesk-Website die Zusammenarbeit zwischen Steuerberater und Mandant weiter erleichtern. „Nur die Steuerzahlung muss der Kunde am Ende selbst übernehmen“, sagt Fabian Silberer.