Das Kindermodegeschäft Uhle und Röder ist das älteste seiner Art in Freiburg. Ein Erfolgsrezept von Inhaberin Elvira Röder ist der persönliche Kontakt zu den Stammkunden. Viele der Familien kennt sie seit rund 50 Jahren.
Text: Susanne Maerz • Fotos: Alex Dietrich
Wenn Kunden ihr Geschäft am Rande der Freiburger Altstadt betreten, weiß Elvira Röder oft schon genau, was sie mit nach Hause nehmen werden. Denn von vielen kennt sie den Geschmack: Während manche Mütter sich gerne im selben Look wie ihre Kinder einkleiden und auf die gestreiften Oberteile einer bekannten Kindermodemarke stehen, empfiehlt sie anderen für den Enkel die grünen T-Shirts mit den Glitzerdinos, die sie bei einem Start-up von der Schwäbischen Alb bestellt hat.
Elvira Röder setzt auf ausgewählte Marken im mittleren Preissegment. Das Sortiment reicht von Bodys bis zu Winterjacken, von den Größen 44 bis 176. Auch Einzelstücke für Erwachsene sind darunter. Ebenso Erstkommunion- und Konfirmationskleider. Immer wieder, so berichtet sie, kommen Eltern mit ihren Kindern, um noch auf den letzten Drücker ein schickes Outfit für die Familienfeier am nächsten Tag zu kaufen. „Sie wissen, dass sie immer etwas finden.“
Nicht nur das Kindermodengeschäft selbst, sondern auch Inhaberin Elvira Röder ist im Freiburger Einzelhandel eine Institution: Bei Udo Uhle, der das Geschäft 1964 in der Universitätsstraße gründete, ging sie 1970 in die Lehre. Als dessen Frau 1988 schwer erkrankte, stand er allein da und überlegte, wie es weitergehen soll. Elvira Röder war damals mit ihrem Sohn Raoul schwanger – und hatte eigentlich eine Babypause geplant. Aber sie hing an dem Laden, und er sicherte ihre Existenz. Also übernahm sie ihn kurzentschlossen.
Die Mutter steht im Laden, der Sohn zieht die Strippen im Hintergrund
So kam es, dass Raoul Röder als Unternehmerinnensohn mit dem Geschäft aufwuchs und dort auch viel Zeit verbrachte. „Das hat auf mich abgefärbt“, sagt der heute 36-Jährige. Der Diplom-Sachverständige ist zunächst zwar nicht in den Handel, dafür aber in die Immobilienbranche eingestiegen und hat inzwischen die Immobilien und Sachverständigenfirmen Sprenker und Röder sowie die MSI Gewerbeimmobilien mit insgesamt 24 Beschäftigten von Hugo Sprenker und Matthias Sasse als externer Nachfolger übernommen. Auch das Geschäft seiner Mutter will er einmal weiterführen. Als Mitgeschäftsführer zieht er bereits seit fünf Jahren im Hintergrund die Strippen. Ob er so wie Elvira Röder zumindest auch ab und zu mal selbst im Laden stehen wird, weiß Raoul Röder derzeit allerdings noch nicht.
Das muss er auch nicht. Denn ans Aufhören denkt Elvira Röder noch lange nicht. „Es ist ein Teil meines Lebenselixiers“, sagt die mittlerweile 68-Jährige. Ihre Filiale, die sie viele Jahre an ihrem Wohnort in Ihringen betrieb, hat sie indes geschlossen. In Freiburg steht sie nach wie vor an fünf Tagen die Woche im Geschäft. Wenn Elvira Röder frei hat und auch sonst unterstützt sie ihre langjährige Mitarbeiterin Gabriele Keldermann, die ebenfalls bereits im Rentenalter ist und sogar schon seit 1969 in dem Geschäft arbeitet.
Raoul Röder kümmert sich um die Strukturen, gemeinsam mit seiner Frau Sarah um einen neuen Markenauftritt, außerdem um die Digitalisierung – „aber nur, soweit ich mitmache“, sagt Elvira Röder und lacht. Und Raoul Röder ergänzt: „Das Ruder überlasse ich nach wie vor meiner Mutter.“
Aber er hat sie überzeugt, nach 30 Jahren in der Gutenbergstraße noch einmal den Standort zu wechseln und in ein etwas zentraler gelegenes, etwas größeres Ladengeschäft in der Freiburger Altstadt zu ziehen. Auch wenn es ihr schwerfällt, schätzt sie doch das lange, faire Mietverhältnis mit den jetzigen Eigentümern. Allerdings ist angesichts des Leerstands und der Mietpreisentwicklung ein Laden in einer besseren Lage auf einmal erschwinglich geworden, wie Raoul Röder berichtet. Doch bis es konkret wird, dauert es voraussichtlich noch etwa eineinhalb Jahre. Mit dem Umzug wollen Mutter und Sohn das Sortiment besser präsentieren, etwas erweitern und zudem mehr Laufkundschaft erreichen. Das ist derzeit schwieriger – auch wenn längst nicht nur Einheimische, sondern auch Menschen aus dem Umland und der Schweiz regelmäßig zu Uhle und Röder kommen.
Zahlungskräftige Kundschaft und soziale Medien als Helfer
Dass sich das Geschäft so lange hält, liegt auch an der zahlungskräftigen Kundschaft, die es sich leisten kann und will, nicht (nur) bei den großen, günstigeren Ketten wie C&A, H&M und Ernsting‘s family Kinderkleidung zu kaufen. Von derselben Zielgruppe profitieren auch jüngere Kindergeschäfte wie zum Beispiel die Gute Kinderstube im Stadtteil Stühlinger sowie Young and Brave in der Altstadt, die neben Mode auch Spielsachen und Accessoires führen.
Dies bestätigt auch Jennifer Ribler vom Handelsverband Südbaden und nennt einen weiteren Grund: „Vor allem Akademikerinnen sind bei der Geburt ihres ersten Kindes heutzutage älter und finanziell gefestigter als noch vor zehn Jahren.“ Das führe dazu, dass sie bei Kinderkleidung nicht jeden Cent umdrehen müssen. „Und es hat etwas mit dem Prestige und dem Einfluss der sozialen Medien zu tun, dass es wichtiger wird, wie man seine Kinder kleidet“, sagt sie und nennt den Partnerlook von Groß und Klein als ein Beispiel, der dadurch an Bedeutung gewinne. Ebenso die Mund-zu-Mund-Propaganda auf dem Spielplatz, die inhabergeführten Kindergeschäften neue Kundschaft bringe.
Das gilt nicht nur in Freiburg, sondern in der Region auch in Konstanz, wo sich beispielsweise das Geschäft Bauchgefühl für Schwangeren- und Babymode etabliert hat, oder in Offenburg, wo es Steffi‘s Kindermoden und das Schwarzwälder Glückskind gibt. Eines eint all diese kleinen, inhabergeführten Geschäfte: „Die gute Beratung und der persönliche Kontakt zu den Kunden sind immer wichtig“, sagt Jennifer Ribler.
Wie kompliziert es sein kann, für Babys einzukaufen, weiß Raoul Röder seit er selbst Vater ist – und nimmt die Leistung seiner Mutter nun noch auf andere Art wahr.