Andreas König ist vor einem Jahr zum neuen Bürgermeister des kleinen Weinorts Durbach im Ortenaukreis gewählt worden. Das Amt wollte nicht er allein, sechs weitere Kandidaten standen mit auf dem Stimmzettel. Und in dem ebenfalls dörflichen Eschbach im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald gingen drei Kandidaten ins Rennen, der Außenseiter Mario Schlafke gewann. Und so weiter und so weiter. Bürgermeister sind gut bezahlt, schon in einer Gemeinde mit mehr als 2000 Einwohnern wird das Ortsoberhaupt nach A 15 oder A 16 entlohnt, das entspricht einem Bruttoeinkommen je nach Alter und Dienstjahren zwischen 5000 und 6000 Euro. Diese Besoldung, die zum Beispiel der eines Polizeidirektors entspricht, ist für viele Argument genug, sich ins Abenteuer einer Bürgermeisterwahl zu stürzen. Nicht nur, natürlich. Weshalb wir uns nunmehr nach Waldshut-Tiengen begeben. Dort ist das Amt des Oberbürgermeisters vakant geworden, der Amtsinhaber Martin Albers (62) wollte nach 24 Amtsjahren nicht mehr antreten. Das ist nicht ungewöhnlich, eher ehrenwert: Wechsel schaden in der Demokratie bekanntlich nicht. Es musste also Neuwahlen geben und die gab es am 13. September. Mit dem Ergebnis, dass der einzige Kandidat auf dem Stimmzettel, der Betriebswirt und Geisteswissenschaftler Dr. Philipp Frank (er hat mal eine Doktorarbeit über Theodor Fontane geschrieben) mit 89,6 Prozent der Stimmen gewählt wurde. Eine Grünen-Stadträtin bekam noch knapp 9 Prozent der Stimmen, sie hatte sich via Facebook als Alternative zu Frank angeboten. Nicht ganz 31 Prozent der Waldshuter gingen wählen, wir finden: ungewöhnlich viel, wenn’s eigentlich nichts zu wählen gibt. Eher zum Nachdenken: wieso ist eine Kreisstadt wie Waldshut-Tiengen mit 23.000 Einwohnern nicht attraktiv genug, ausreichend qualifizierte Bewerber für das Amt des Oberbürgermeisters anzulocken? Nicht nur wegen des Salärs, mindestens 8211 Euro brutto plus Aufwandsentschädigung im Monat, sondern auch wegen der Bedeutung. Philipp Frank, der zwar CDU-Mitglied ist, aber nicht auf deren Ticket reiste, war eigentlich krasser Außenseiter. Nur einmal kam ein ernsthafter Kandidat ins Gespräch, der Feldberger Bürgermeister Stefan Wirbser, CDU-Mitglied und Präsident des Schwarzwälder Skiverbandes. Der war seiner Partei zu schillernd, wegen einiger Eskapaden, die weniger schöne Schlagzeilen machten. Es blieb schließlich dabei, der nette Philpp Frank, der die Waldshuter während seines einsamen Wahlkampfs auch täglich mit neuen digitalen Berichten aus seinem Kandidaten-Alltag beglückte, wird am 20. Oktober ins Rathaus einziehen. Ob er nun wirklich auch ein Glückspilz ist, wird sich zeigen. Und das Rätsel, warum keine der großen Parteien es fertigbrachte, Waldshut-Tiengen einen geeigneten OB-Bewerber zu präsentieren, wird wohl ungelöst bleiben.