Ein spannend besetztes Podium stellt die Frage nach einer neuen Planungskultur in Städten und Gemeinden.
Von Rudi Raschke
Das zweimal jährlich stattfindende „Forum Planen Bauen“ im Freiburger Bürgerhaus Seepark hat sich zu einer stattlichen Veranstaltung entwickelt, wenn es um angesagte Themen der Stadtplanung geht. Die Veranstaltung der Rechtsanwälte Wurster Weiss Kupfer und der fsp.stadtplanung von Bernd Fahle zog im Oktober unter anderem Vertreter von zwei Regierungspräsidien, drei Landratsämtern und 21 Gemeinden und Städten in den Freiburger Westen. Thema war die Bürgerbeteiligung und inwieweit sie eine neue Planungskultur ermöglicht. Mit spannenden Einsichten.
Zum Auftakt wurden die Erfahrungen mit der Beteiligung und dem entsprechenden Leitfaden seitens des zuständigen Stuttgarter Ministeriums referiert, ein Vortrag über die rechtlichen Grundlagen schloss sich an. Bernd Fahle bot einen sehr weitreichenden Überblick über die historischen Vorläufer der heutigen Partizipation und leitete daraus her, warum Stadtplanung pädagogische Aufgaben wahrnimmt. Mit Erfahrungen aus nunmehr 40 Jahren begann er bei den Satellitenstädten der später 60er und erinnerte an erste Beteiligungen in Planungsverfahren zu Zeiten der Kanzlerschaft Willy Brandts. Mit der Zeit der großen Proteste sei auch eine „Partizipationseuphorie“ einhergegangen, die Einflüsse der boomenden Sozialwissenschaften hätten den Interaktionsbedarf verstärkt, der später auch Ausdruck im Bereich der Umwelterziehung fand.
Eine ähnliche Stimmung wie Ende der 60er Jahre fand Fahle in den später 80er Jahren vor: Gleichzeitig mit den Demonstrationen gegen die Nachrüstung habe es auch immer mehr Bürgerbegehren gegeben, wenn es um Stadtplanung ging. Jenseits der eigenen Erfahrung, dass sich die Personalunion von Stadtplaner und Moderator schwer vereinbaren lässt, gab Fahle vor allem der Hoffnung Ausdruck, dass ein pädagogischer Ansatz die Kluft zwischen Planungs-Experten und -Betroffenen überbrücken hilft. Und dass damit Menschengewonnen werden können, vor allem in aktuellen Bürgerbeteiligungen, deren Prozesse besser denn je vorbereitet seien. Welche Formen es hierfür gibt, erklärte im Abschlussvortrag der Moderator Thomas Uhlendahl, der mit sehr differenzierten Beispielen darlegte, wie sich die Planungsakzeptanz durch Bürgerbeteiligung steigern lässt.
Wer bis dahin noch Zweifel hatte, ob es sich bei manchen Debatten mit Betroffenen nicht eher um vergeudeten Planungsfortschritt oder Verschlimmbesserungen handelt, fand sich durch Uhlendahl widerlegt. Mit Formaten wie „Open Spaces“ und „Barcamps“, aber auch Zukunftswerkstätten zeigte er, dass es weitergehende Kanäle als nur die Diskussionen mit den „üblichen Verdächtigen“ braucht. Am Beispiel des Bürgerrats, entwickelt 2006 im überaus fortschrittlichen Vorarlberg, könne Kreativität und Konstruktivität vereint werden:
Das Ziel dabei sei es, einen Querschnitt der Ortsbevölkerung an den Tisch zu bekommen, der eben nicht die unmittelbaren Nachbarn einer Baumaßnahme, Interessensvertreter oder Quartiers-Lobbyisten zusammenbringt, sondern „normale Bürger“, die eingebunden werden in Entscheidungen. Auf diese Weise, so Uhlendahl, könne aus einer „Raupe ein Schmetterling“ werden. Wenn Visionen und Fantasie gefragt seien, könne im Sinne eines schwäbischen „Schimpfen – Spinnen – Schaffen“ durchaus Vorzeigbares entstehen. Als Beispiele nannte er die Diskussion um die neue Ortsmitte im Kinzigtäler Steinach oder die Bürgerwerkstatt im Kaiserstühler Endingen. Klar sein müsse jeder Gemeinde beim Prozessdesign nur, ob sie eine Beteiligung wirklich anstrebe oder lieber eine Info- Veranstaltung anbiete, wenn Maßnahmen eigentlich nicht zur Debatte stehen. Als Grenzen sah er lediglich die fehlende Dialogbereitschaft bei manchen Gruppierungen, in denen gemäßigte, kompromissbereite Vertreter eher ausgegrenzt würden. Und das „not-invented-here“-Syndrom, also der Wunsch, dass die gefundene Lösung selbst entdeckt wurde und nicht schon anderweitig existiert. Wer
sich zu Recht nicht bei Abenden in Gemeindesälen im Diskurs um Stadtteil- Leitlinien mit selbsternannten Experten aufhalten möchte, konnte bei Uhlendahl eine Handreichung bekommen, welche weit spannenderen Formen die Bürgerbeteiligung auch bereithält.