Das Dreisamstadion bekommt noch mehr Leben: Der SC Freiburg will dort nicht nur alle Mädchen- und Frauenfußballteams zusammenführen, sondern auch ein „Kompetenzzentrum Kindersport“ einrichten sowie das Konzept „Lernort Stadion“ umsetzen. Der Verein nimmt für Umbau und Sanierung zehn Millionen Euro in die Hand.
Text: Julia Donáth-Kneer
Es ist fast wie ein zweiter Frühling: Im und am Dreisamstadion im Freiburger Osten passiert momentan einiges. Bislang waren die Pläne, die der SC Freiburg seit Jahren verfolgte – alle Frauen- und Mädchenteams zusammenführen und es verstärkt für die Förderung des Breitensports nutzen – nicht möglich. Es fehlte an Trainingsmöglichkeiten, Kabinen und Funktionsräumen. Nun ist mit der Verlängerung des Pachtvertrags und der Baugenehmigung der Weg frei für die nötigen Umbau- und Sanierungsmöglichkeiten des Stadions und seines Areals, verkündet Finanzvorstand Oliver Leki bei der Pressekonferenz im Mai: „Diese langfristige Perspektive ist entscheidend für die Pläne.“ Die Arbeiten sind bereits gestartet und werden voraussichtlich bis Herbst 2026 andauern, insgesamt investiert der SC Freiburg dafür zehn Millionen Euro aus eigener Tasche, Zuschüsse hat er nicht beantragt. „Wir können es uns leisten, deswegen ist der Schritt jetzt so wichtig“, betont Leki. „Alle Voraussetzungen sind nun da, um das anzugehen, was wir seit Jahren kommuniziert haben.“
Im Zentrum der Umbaumaßnahmen steht ein neuer Kunstrasenplatz mit Rasenheizung auf dem heutigen Parkplatz P1, außerdem soll hinter der Nordtribüne unter anderem ein Soccer-Court entstehen. Und um alle Teams und Sportprogramme am Stadion unterbringen zu können, werden zusätzliche Kabinen mit Duschen und weitere Funktionsräume errichtet. Ziel ist es zum einen, „dem Frauen- und Mädchenfußball professionellere Bedingungen und eine langfristige Perspektive zu ermöglichen“, erklärt Oliver Leki. „Außerdem möchten wir unseren Sportprogrammen, Fortbildungen und Netzwerktreffen eine Heimat geben, um den Breitensport noch besser unterstützen zu können.“
Ein belebter, offener Ort
„Das Dreisamstadion soll ein Ort sein, der den Sport auch in seiner sozialen Funktion sichtbar macht“, sagt Hanno Franke, Leiter Marketing und Nachhaltigkeit beim SC. Dazu gehört die Entwicklung des Kompetenzzentrums Kindersport. „Wir wollen die Qualität im Kindersport in Freiburg und der Region verbessern“, erklärt Tobias Rauber, Leiter Nachhaltigkeit beim SC Freiburg. „Da geht es vor allem um drei Bereiche: Vernetzen, Qualifizieren, Bewegen“. Künftig sollen im Dreisamstadion regelmäßig Veranstaltungen wie Grundschul- oder Fördergruppentrainings stattfinden, die Vereine, Institutionen, Schulen und Kitas zusammenbringen. „Auf das Gelände des SC Freiburg kommen zu können, wird für viele sicher ein zusätzlicher Anreiz sein“, sagt Hanno Franke. Es gehe darum, Netzwerke zu schaffen und den Bereich der Fortbildung auszubauen. Unter anderem plant der Sport-Club gemeinsam mit dem Südbadischen Fußballverband zum Beispiel Zertifikatslehrgänge speziell für Fußballtrainerinnen.
Ein zweites großes Projekt ist die Initiative Lernort Stadion. Sie wurde ursprünglich von der Robert Bosch Stiftung 2009 ins Leben gerufen, seit 2017 ist die Deutsche Fußballliga Stiftung Hauptförderin. Mehr als 20.000 Jugendliche besuchen die Lernorte im Jahr, bundesweit nehmen 29 Stadien teil. Nur Baden-Württemberg ist ein weißer Fleck auf der Karte. Das soll sich jetzt ändern. „Die Fußballbegeisterung vieler Jugendlicher zu nutzen und politische Bildungsangebote an einen besonderen Ort zu verlegen: das Fußballstadion“, erklärt Hanno Franke die Grundidee des inklusiven Projekts, das sich vor allem an Jugendliche aus Haupt-, Real- und Gesamtschulen sowie sonderpädagogischen Einrichtungen richtet. „Gerade in einem politischen Klima, in dem Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und einfache Lösungen zunehmend Konjunktur haben, ist es wichtig, die Jugendlichen zu erreichen und ihnen Werte für ein tolerantes und faires Miteinander zu vermitteln“, sagt Franke. Das Dreisamstadion soll so auch ein „Ort für Demokratiebildung“ werden.


Im kommenden Schuljahr startet eine einjährige Pilotphase mit verschiedenen Workshops zur außerschulischen Bildung, die der SC gemeinsam mit dem Fanprojekt Freiburg anbieten wird. „Inhaltlich geht es darum, sich mit gesellschaftlichen Themen auseinanderzusetzen wie Vielfalt und Inklusion, Nachhaltigkeit, Demokratie und Teilhabe, Sozialkompetenzen und digitale Welt“, erklärt Tobias Rauber. „Die Jugendlichen sollen erleben, dass ihre Meinung gefragt ist und dass es sich lohnt, sich für eine offene und vielfältige Gesellschaft zu engagieren.“ Und all das an einem gemeinsamen Ort. „Wenn die Umbaumaßnahmen abgeschlossen sind, entsteht hoffentlich ein fußballkulturelles Zentrum. Bestenfalls ein Gelände, auf dem gleichzeitig die Frauen trainieren, Lehrgänge stattfinden und Schulklassen zusammenkommen“, beschreibt Hanno Franke seinen Wunsch: „Ein belebter, offener Raum mit professioneller Infrastruktur.“