Es ist mitunter auch ein zentraler Auftrag ihres Berufs: Gute Ratschläge geben. Für unsere Rubrik hat Anwältin Barbara Mayer darüber nachgedacht, welcher Ratschlag für ihr eigenes Berufsleben wichtig war. Die Partnerin der Kanzlei Advant Beiten in Freiburg, die zudem Aufsichtsratsvorsitzende von Jobrad ist, dachte dafür weit zurück.
„Mein Schwerpunkt als Anwältin ist der Bereich Gesellschaftsrecht sowie Unternehmenskäufe und -verkäufe. Dabei geht es fast immer darum, Verträge zu verhandeln. Zwischen Unternehmern, die sich zu einer Gesellschaft zusammentun wollen, Verträge für die Übergabe des Lebenswerks eines Unternehmers auf die nächste Generation, Verträge zwischen Startups und Investoren, oder zwischen Kaufinteressenten und Verkäufern.
Das ist jedes Mal ein Geben und ein Nehmen. Im Idealfall findet man Regelungen, die für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation sind. Aber manchmal klappt das auch nicht, weil etwa der Kaufinteressent abspringt, die Kinder das Familienunternehmen nicht übernehmen wollen oder ein Streit unter Gesellschaftern nicht beigelegt werden kann.
In all diesen Fällen habe ich erlebt, wie man mit der positiven Grundeinstellung weiterkommt, die ich mit einem Ratschlag meiner Großmutter verbinde: Alles ist für etwas gut. Das habe ich verinnerlicht, auch weil meine Mutter das so oft zitiert hat. Sowohl im beruflichen wie privaten Leben hat mir diese Weisheit oft weitergeholfen. Wer sich daran orientiert, kommt fast zwangsläufig zu einer positiven Grundeinstellung. Jede Krise bietet Chancen, aus jeder Niederlage geht man mit neuen Erfahrungen hervor, jede Enttäuschung relativiert sich, wenn man die Augen nach neuen Chancen offenhält.
Auf solche oben beschriebenen Fälle bezogen finden sich eigentlich immer Lösungen. Sei es zum Beispiel ein anderer Käufer, oder einen Mitarbeiter im Betrieb, der das Unternehmen weiterführen kann und mag. Immer geht es darum, Chancen zu nutzen, die Augen offenzuhalten für neue Lösungen. Manchmal bedarf es eines Umwegs, um zu einem guten Ergebnis zu gelangen.
Die Weisheit meiner Großmutter würde man heute vermutlich als Reframing bezeichnen: Im Kern geht es darum, Situationen in einem neuen Rahmen zu betrachten. Dabei geht es nicht um Beschönigung, sondern um eine veränderte Sichtweise und darum, Blockaden zu überwinden und neue Ideen zu entwickeln, die bisher nicht in Betracht gezogen wurden.“