Gerade inhabergeführte Läden trotzen der Krise in Zeiten von Pandemie und Online-Abwanderung: Beratung, Angebot und Kundenbindung sorgen dafür, dass die Kasse weiter klingelt. Dies ist eine Auswahl an traditionsreichen Geschäften aus der Region Südbaden. Sie stehen beispielhaft für viele ihrer Art.
VON CHRISTINE WEIS
Bennys Tee und Gewürze
„Ich bin ein Genießer “, sagt Hanspeter Benndorf, „und Tee ist meine Leidenschaft“. Seit 1974 betreibt der 77-Jährige seinen Laden Bennys Tee und Gewürze in Lörrach und sorgt für orientalischen Flair am Markplatz. Dreiviertel der rund 350 Teesorten sind Eigenmischungen (Blends), die der Drogist selbst herstellt.
„Einen neuen Blend kreiere ich im Kopf, bevor ich ihn probiere, weil ich genau weiß, wie jeder Tee schmeckt.“
Hanspeter Benndorf, Inhaber Bennys tee und gewürze
Auf seiner rudimentären Webseite findet man keinen einzigen Tee und trotzdem erhält er Bestellungen aus ganz Europa und Übersee. Treue Stammkunden, die weiterhin bei ihm einkaufen, auch wenn sie weggezogen sind. Qualität und gute Beratung seien für ihn ausschlaggebend. Die Pandemie verursache Umsatzrückgänge, dennoch bleibt Benndorf optimistisch: „Ich lebe heute und Tee bleibt meine Passion.“ Er beginnt seinen Tag mit einem grünen Tee, bevor er sich an die Verkostung der saisonalen Teemuster macht, den Tag lässt er dann mit Kräutertee ausklingen. Vermutlich ist auch das ein gutes Rezept für Krisenzeiten.
Betten-Renk
Rund 90 Minuten dauert das Beratungsgespräch für ein angepasstes Bettsystem im Fachgeschäft Renk. Dabei werden Körperform, Schlafpositionen oder Wärmebedürfnisse ermittelt.
„Der Onlinehandel ist für uns keine Konkurrenz, sondern eine Herausforderung, denn gerade dort geschehen die meisten Fehlkäufe.“
Mark-Andreas REnK, inhaber Geschäft betten-renk
Seit 1909 ist „Guter Schlaf käuflich“, wie es das Motto des Familienunternehmens verspricht. Renk hat das Geschäft 2004 in vierter Generation übernommen und beschäftigt sieben Mitarbeiter. Zuvor war der 55-Jährige als Chefkoch in der Sternegastronomie tätig. „Früher habe ich Ente gebraten, heute fülle ich deren Federn in Decken“, sagt er augenzwinkernd.
Er setze auf regelmäßige Fortbildungen für Mitarbeiter, Qualitätsprodukte von heimischen Herstellern und zähle auf die Unterstützung des Verbands Bettenring. Insgesamt wolle er nicht klagen, die Kunden seien noch treu und reagierten positiv auf die 2G-Kontrolle.
Fundevogel Kinder- und Jugendbuchhandlung
Viele seiner Kunden kennt Claus-Peter Jepsen seit Jahrzenten. Manche krabbelten schon als Baby die Stufen hoch und parken heute den Buggy im Flur. Der Medienpädagoge gründete 1986 seinen Laden Fundevogel; er denkt noch nicht ans Aufhören, doch die Nachfolge hat er jetzt geregelt: Im nächsten Jahr will er den Fundevogel in eine Genossenschaft überführen. Die Kunden können dann Anteile erwerben und selbst dafür sorgen, dass es weitergeht. Service, Service, Service – das zeichnet eine gute Buchhandlung aus, so Jepsens Überzeugung.
„Überall, wo Kinder und Bücher zusammenkommen, sollte man präsent sein, das sind Schule oder Kita.“
Aileen Krie, Buchhändlerin beim Fundevogel
Die Kunst sei es, das richtige Buch für die Bedürfnisse des Kindes auszusuchen, denn meist kaufen ja die Erwachsenen ein. Diesen empfiehlt Jepsen auch mal ein Kinderbuch zur Selbstlektüre, etwa den „Kleinen Kapitän“ von Paul Biegel – eine abenteuerliche Reisebegleitung durchs Leben.
Spielzeugladen Holzpferd
„Ich hatte schon immer eine Krämerseele“, sagt Michael Hauser, der 1987 seinen Spielzeugladen Holzpferd eröffnete. Bereits mit 13 Jahren verkaufte der 59-Jährige historische Märklin-Eisenbahnen aus dem Kinderzimmer heraus. Seine Großeltern arbeiteten im Spielzeughandel Hinsche am Rathausplatz, später Bertoldtstraße, da durfte er ab und zu mit dem Opa ins Lager.
Rund 11.000 verschiedene Artikel hat das Holzpferd im Sortiment. In den knapp 50 Quadratmeter großen Laden schaffen es nur hochwertige Spielsachen wie Ostheimer Holztiere oder besonders Verrücktes wie das Tyrannen-Quartett für Erwachsene. „Neue Trends schauen wir uns an, nehmen aber nur das ins Programm, was wir als sinnvoll erachten“, sagt Marianne Faller, die seit Beginn an zur Belegschaft gehört. Expertise, Qualität, Beratung seien heute entscheidend im Einzelhandel und man müsse Emotionen wecken. Hauser nennt sein Geschäft daher einen „Herzensladen“, in dem auch 80-Jährige feuchte Augen bekämen, wenn sie das Spielzeug aus ihrer Kindheit wiederentdecken.
Wäsche- und Wollgeschäft Ernst Rapp
Wer den Laden Ernst Rapp im denkmalgeschützten „Haus zum Tutenkolben“ von anno 1364 betritt, für den wird Einkaufen zur Zeitreise. Alte Eichholzregale gefüllt mit Wollknäuel säumen den Raum, verkauft wird über die Ladentheke, hinter der sich die vielen Schachteln mit Unterwäsche stapeln. Die Inhaberinnen Barbara und Friederike Strauß sind Schwestern und haben beide Biologie studiert. Ihre Naturverbundenheit zeigt sich auch in den ausgelegten Broschüren des Naturschutzbundes Deutschland. Die Anfänge des Einzelhandelsgeschäfts gehen auf ihre Urgroßmutter zurück, die sich 1908 auf Miederwaren und Schweizer Stickereien spezialisierte.
„Besonders gefragt ist bunte Strickwolle für Socken und Unterwäsche aus Wolle oder Seide. Unsere Stärken liegen in der Beratung und Hilfestellung beim Stricken.“
Friederike Strauß , Mitinhaberin Wolle- und Wäschegeschäft Ernst RApp
Ihre Kunden seien Menschen, die Wert auf persönliche Beratung legen. Viele mögen auch das historische Flair des Ladens und wünschen sich, dass er niemals modernisiert werde.
4 Jahreszeiten Geschenke und Dekoration
Der Bummelfaktor ist in Bad Krozingen nicht nur wegen Corona, sondern auch durch die Großbaustelle im Zentrum erheblich eingeschränkt. Fritz Tritschlers Geschenke-Geschäft 4 Jahreszeiten ist nur ein Katzensprung von der Baustelle entfernt. Dennoch kämen seine Stammkunden nach wie vor in den Laden, um sich inspirieren zu lassen, einzukaufen oder einfach zum Reden.
„Mein Laden ist das Gegenteil von unpersönlichen Internetshops.‘‘
Fritz Tritschler , Inhaber 4Jahreszeiten
Einen Webauftritt hat er nicht, erst im Lockdown wurde er auf Instagram aktiv. Der 55-Jährige führt den Laden seit 24 Jahren. Ein Drittel des Jahresumsatzes erwirtschaftet er im Advent und verpackt auf Wunsch jedes Geschenk, auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist. Auf 45 Quadratmeter schaffe er Wohlfühlambiente. Die Kunden könnten mehrmals durch den Laden stöbern und dabei jedes Mal wieder etwas Neues entdecken: Bummelfaktor garantiert.