Netzwerk Südbaden behauptet sich seit zehn Jahren auf einem schwierigen Markt. Unser regionales Wirtschaftsmagazin erscheint in einem eigenständigen kleinen Verlag ohne Beteiligung von großen Akteuren der Medienbranche.
TEXT: KATHRIN ERMERT
Der Anlass für den Schwerpunkt Feiern dieser Ausgabe ist, dass Netzwerk Südbaden seinen zehnten Geburtstag feiert. Wobei eine Zeitschrift ja nicht geboren, sondern gegründet wird. Wir feiern also den zehnten Gründungstag. Andere nennen es auch gern Jubiläum, doch mit dem Begriff gehen wir im Journalismus vorsichtig um. Weil Redaktionen mit unzähligen Meldungen über Jubiläen geflutet werden, halten wir uns an die strenge ursprüngliche Definition, wonach nur die Zahl 25 und ihre Vielfachen als Jubiläen gelten, also 50, 75, 100 und so weiter. Das geht auf das alttestamentliche Jubeljahr zurück, das sich laut Wikipedia von dem 1300 eingeführten Heiligen Jahr ableitet und erst alle 100, dann alle 50 und 25 Jahre gefeiert wurde.
Wir wollen uns mit diesem Heft nicht selbst zelebrieren, sondern darüber schreiben, wie, warum, was und wo andere feiern. Aber ein bisschen Rück- und Ausblick muss doch sein. Immerhin war die Gründung eines Printprodukts vor zehn Jahren eine eher ungewöhnliche Geschäftsidee. Denn der Zeitschriftenmarkt sah damals und sieht heute nicht eben rosig aus. Die Gesamtauflage deutscher Publikumsmagazine ist seit dem Jahr 2000 von rund 128 auf knapp 47 Millionen Ende 2023 eingebrochen. Auch die Tageszeitungen haben Umsatz und Auflage eingebüßt.
In Raucherpausen entstanden
Angesichts dieser Ausgangssituation war es vielleicht von Vorteil, dass Daniel Schnitzler bis dahin keine Erfahrung mit den Themen Journalismus und Zeitschriften hatte. Dafür viel Mut. „Ich bin sehr risikofreudig“, sagt der 43-Jährige. Dass er einen Verlag gründete und zum Herausgeber eines Magazins wurde, liegt auch daran, dass er 2013 noch rauchte. Schnitzler ist nicht nur seit zehn Jahren geschäftsführender Gesellschafter der Netzwerk Südbaden GmbH, sondern steht schon länger an der Spitze der Rombach-Gruppe, die damals noch ein Schwesterunternehmen des Badischen Verlags war. Schnitzler hatte sein Büro in der Unterwerksstraße und traf in den Raucherpausen Markus Hemmerich, Geschäftsführer und Chefredakteur des zur Badischen Zeitschriften-Gruppe gehörenden Magazins Baden Intern.
Mit Zigarette in der Hand kamen die beiden ins Gespräch und beschlossen, zusammen ein neues Projekt zu starten. Sie hatten ein Corporate-Publishing-Produkt im Sinn, gründeten dafür eine gemeinsame GmbH und Hemmerich verließ Baden Intern. Weil das Magazin daraufhin eingestellt wurde, änderten die beiden dann jedoch ihren Plan von Corporate Publishing zu einem journalistischen Produkt. Anfangs dachten sie an ein Onlinemagazin, das Oberrhein Report heißen sollte. Ein Brainstorming brachte einen besseren Namen, und sie entschieden sich, auch zu drucken, zumal zur Rombach-Gruppe eine Druckerei gehört. Im März 2014 erschien die erste Ausgabe von Netzwerk Südbaden in einer Auflage von rund 800 Exemplaren.
Mit der Zeitschrift, die Sie jetzt in den Händen halten, hat das damalige Heft wenig gemeinsam. Es zählte gerade einmal 32 Seiten, war klammergeheftet und eher hemdsärmelig gestaltet. „Schülerzeitung“ nennt Daniel Schnitzler die ersten Ausgaben rückblickend. Das traf auch auf den Umsatz zu, den Netzwerk Südbaden damals generierte: Er lag die ersten Monate im vierstelligen Bereich. „Der Businessplan visierte einen Zielumsatz von 30.000 Euro an, da liegen wir nun deutlich drüber“, berichtet Schnitzler.
Das ist vor allem das Verdienst von Philipp Anton. Der Groß- und Außenhandelskaufmann hatte schon für Baden Intern Anzeigen verkauft und war von Anfang an Vertriebsleiter von Netzwerk Südbaden. „Mein Ziel war und ist es, eine gute Beziehung zu Kunden zu pflegen und sie zusammenzubringen“, sagt er. Und zwar im Wortsinn. Deshalb organisierte er 2016 den ersten Netzwerk-Abend, dem bis Corona viele folgten. Das Magazin selbst hat die Pandemie zwar – im Gegensatz zu vielen anderen Publikationen – unbeschadet überstanden. Doch Covid beendete außer den Treffen auch das vielversprechende Franchise Netzwerk Tirol, das 2019 entstanden war. Netzwerk-Abende gibt es mittlerweile wieder, den Tiroler Ableger nicht. „Da haben wir ordentlich Federn gelassen“, sagt Schnitzler.
Erwachsen geworden
Hier in Südbaden aber funktioniert das Konzept. Das hätten sie schon gut ein Jahr nach dem Start gemerkt, erzählt der Geschäftsführer. Allerdings führte der Erfolg bald zu Differenzen zwischen den Gesellschaftern. Im Frühjahr 2016 schied Markus Hemmerich aus der GmbH aus und Philipp Anton wurde Minderheitsgesellschafter. Auf geschäftlicher Seite hat sich seither gar nicht so viel verändert. Journalistisch-redaktionell dafür einiges. Es brauchte neues Personal, das die Seiten füllt. Da passte es gut, dass der ehemalige Pressesprecher des SC Freiburg, Rudi Raschke, ein Jahr zuvor den Fußballverein verlassen hatte und auf der Suche nach einem neuen Betätigungsfeld war. Er wurde Mitte 2016 Chefredakteur und prägte Netzwerk Südbaden in den folgenden Jahren ähnlich wie die Grafikerin Ann-Kristin Maier, die 2017 als Artdirectorin ins Team kam und dem Magazin 2018 einen Relaunch verpasste. Im Herbst 2022 beschlossen die beiden, sich beruflich umzuorientieren.
Seither ist Bartosz Bem Artdirector, und die Autorin dieses Textes leitet die sechsköpfige Redaktion von Netzwerk Südbaden. Vier Redakteurinnen und zwei Editorial Designer schreiben und gestalten Monat für Monat das Magazin, das mittlerweile meist 120 bis 140 Seiten und fast immer ein rund 30-seitiges Sonderheft umfasst. Unser Anspruch bleibt es, Informationen abseits der täglichen Nachrichtenflut zu bieten, und Wirtschaftsthemen auch mal von ungewohnter Seite anzupacken. Das Ergebnis dieser Arbeit bringt die Druckerei Hofmann in Emmendingen auf Papier. Die gedruckte Auflage liegt seit Jahren relativ konstant bei 5000 bis 6000 Exemplaren. Außerdem gibt es mittlerweile ein E-Magazin und schon seit 2019 einen Netzwerk-Südbaden-Podcast, den die Freiburger Moderatorin Julica Goldschmidt fünf bis sechs Mal pro Jahr produziert.
Den nächsten Entwicklungsschritt haben Sie gerade vor Augen: Diese Ausgabe erscheint in gänzlich neuer Optik. Nach fünfeinhalb Jahren war es wieder Zeit für einen Relaunch, und der Schwerpunkt Feiern anlässlich unseres zehnjährigen Bestehens schien uns ein guter Startschuss dafür. Klarer, aufgeräumter, reifer: Das ist der Anspruch an unser neues Erscheinungsbild. Ein Mensch ist mit zehn noch ein Kind. Ein Magazin kann in dem Alter schon erwachsen sein. Und bereit für die nächsten Jahrzehnte.