Die Gemeinderätin Monika Stein tritt für ein linkes Bündnis bei der OB-Wahl in Freiburg an. Sie ist die einzige im Kandidatenfeld, die die wachsenden Konflikte in der Stadt als Ausdruck der tatsächlichen Urbanisierung der Stadt benennt.
Von Rudi Raschke
Stein, 47, ist Lehrerin und war ursprünglich Grüne Gemeinderätin. Der Umgang mit der linken Szene „und sogenannten Randgruppen“, vor allem aber der später gescheiterte Verkauf städtischer Wohnungen hat sie zum Wechsel der Rats-Sessel gebracht. Der zog sogar ein kleinliches Verfahren über die Nutzung des Begriffs „Grün“ nach sich, das ihre neue Gemeinderats-Liste gewann.
Stein trägt, wie häufig im Gemeinderat, auch beim Gespräch in unserer Redaktion ein alternativ-ironisches Shirt – mit der sauberen und verwackelten Zeichnung je eines Wolltieres als „Schaf“ und „Unschaf“. Sie sagt, dass sie als Oberbürgermeisterin „das komplette Spektrum abdecken“ wolle. Sie werde „nicht nur die linke Kandidatin“ sein, aber sie möchte jenen Teil der Stadtgesellschaft abbilden, „den Salomon buchstäblich links liegen lasse“, auch die Vergessenen bei sozialen Themen. Davon gebe es in einer ihrer Ansicht nach gespaltenen Stadt viele: Familien, die an die Ränder der Stadt gedrängt werden, aber auch Wohnsitzlose, die aus der Stadt verschwinden müssten.
Sie wolle „Armut mit spürbaren Teilhabeangeboten bekämpfen, nicht unsichtbar machen und aus dem Focus der Stadtpolitik drängen.“ Monika Stein wurde von einem ähnlichen linken Spektrum zur Kandidatin gemacht wie 2010 Günter Rausch, Professor an der Evangelischen Fachhochschule. Er schaffte damals 20,1 Prozent. Stein habe ihren ich-trete-an-Moment wegen der „sozialen Ungleichgewichte“ gehabt, sagt sie, vor allem aber wegen der Wohnungspolitik der Stadt und der Stadtbau. Deren Job sei sozialer Wohnungsbau, der nicht an den steigenden Mietspiegel „heran getrieben“ werden solle.
Auch misslungene Eigenheim- Projekte wie die schwerstverkäuflichen 800.000-Euro-Eigenheime im Schatten von Günterstal gehörten für sie nicht zum Auftrag. Den „Sicker-Effekt“, wonach Wohnraum gleich welcher Preisklasse zu einer allgemeinen Entlastung führe, hält sie für eine „Mär“. Sie werde sich auch für Hochhausbau stark machen, um der Versiegelung der Böden Einhalt zu gebieten. Bei neuen Stadtteilen will sie dafür sorgen, dass der Platz auf den Straßen für die Mobilität der Zukunft genutzt werde (auch Lastenräder und E-Bikes) und nicht die der Vergangenheit (Auto und LKW).
Stein erlebt im Gemeinderat ein Klima, in dem es schwer sei, zu widersprechen, auch der Umgang mit Kritik nicht eben beherrscht wird. Sie findet, dass es „höchste Zeit für eine Frau“ sei. Sie wolle einen weiblichen Blick auf Sicherheit etablieren, das Augenmerk auf Straßensozialarbeit und Prävention legen, nicht auf noch mehr „Hilfssheriffs“ und Überwachungskameras. Bildungspolitisch und kulturell will sie die Digitalisierung vor allem an den Schulen vorantreiben, wofür es ein Konzept und Breitbandanschlüsse brauche. Und sie kritisiert den Chef des „Amt für öffentliche Ordnung“ für sein harsches Vorgehen gegen die Macher des Nachtlebens und der Gastronomie. Hier handle es sich um einen Standortfaktor für die Stadt, bei dem ein Ausgleich zu schaffen sei mit den legitimen Interessen von Anwohnern.
Mit der Wirtschaft, die „gern weiter boomen darf“, wolle sie einen „freundlichen Kontakt“ pflegen, aber den Wohnungsbau über Gewerbeansiedlungen stellen. Als ehrenamtliche Politikerin, die sich 20 Stunden in der Woche für ihr Engagement abzweigen muss, sitzt sie in fünf Ausschüssen und zwei Aufsichtsräten. Und auch wenn sie von sich selbst sagt, sie sei „zu ehrlich für Realpolitik“, klingt es eher nach Pragmatismus als Utopia, wenn sie über Versprechen redet, die sie nicht geben mag – zum Beispiel einen Gratis-Nahverkehr für alle zu etablieren, oder Gratis-Kitas. Sie wolle nichts zu sagen, was in acht Jahren Amtszeit nicht zu erreichen sei. Insgesamt sieht Monika Stein sehr wohl eine „Wechselstimmung“ in der Stadt. Sie freut sich auf die Podiums-Diskussionen, bei denen sie fair auftreten, aber dem Amtsinhaber durchaus „vors Bein treten“ möchte. „Wenn ich bereit wäre; Salomon inhaltlich zu attackieren, bräuchte ich nicht anzutreten.“