Die Schwestern Nadine Kiefer und Sandra Kiefer-Weber leiten die Geschäfte der Denzlinger Schreinerei Kiefer & Sohn in der dritten Generation. Über einen durchdachten und vorrausschauend geplanten Führungswechsel im Familienbetrieb.
VON CHRISTINE WEIS
„Oma, ich werde mal Schreiner und gehe in die Feuerwehr“, hört Nadine Kiefer ihren fünfjährigen Neffen zu seiner Oma sagen, als die beiden neulich Hand in Hand übers Werkgelände spazierten. Der kindliche Wunsch hat sie sehr berührt, sagt sie. Wollte sie in diesem Alter auch Schreinerin werden? „Nein. Aber der Betrieb prägte natürlich die Kindheit meiner Schwester und mir. Wir sind zwischen Hobelspänen, Holzbrettern und Werkbank aufgewachsen und dann auch beruflich hineingewachsen.“
Nadine Kiefer (Jahrgang 1987) ist Betriebswirtin und seit 2010 im Unternehmen. Ihre Schwester Sandra Kiefer-Weber (Jahrgang 1983) studierte Holztechnik und arbeitet seit 2005 in der Schreinerei. 2013 übernehmen beide Anteile am Betrieb. Der Einstieg in die Familienfirma war kein Muss, es sei für beide stimmig gewesen. Vater Roland Kiefer (Jahrgang 1958) habe sie gut auf ihre Aufgaben und späteren Leitungsfunktionen vorbereitet. Er legte dabei großen Wert darauf, dass seine Töchter frühzeitig Verantwortung übernehmen.
„Er hat uns von Anfang an in alle Themen involviert, nichts beschönigt und uns bei allen Gesprächen – egal ob mit dem Steuerberater, den Kunden oder der Bank – beteiligt.“
Nadine Kiefer
Bei der Planung und Klärung etwa von den rechtlichen Details einer Betriebsübernahme wurden sie von der Handwerkskammer beraten. Sie konnten sich damit einige Jahre einfinden, bis sich ihr Vater 2019 zurückzog. Seitdem führen die beiden Frauen die Geschäfte von Kiefer & Sohn und ihr Vater mische sich in deren Arbeit nicht ein.
Dass der familiäre Übergang von langer Hand geplant und reibungslos funktioniert, ist nicht die Regel. „Mithin ist der Generationenkonflikt das größte Problem bei der Übergabe in der Familie.” Ein Klassiker: Der Übergeber könne nicht loslassen, der Übernehmer fühle sich nicht freigelassen”, sagt Frank Saier, Betriebsberater der Handwerkskammer Freiburg, und betont: „Das ist bei den Kiefers nicht passiert. Herr Kiefer hat rechtzeitig die Claims abgesteckt und die Aufgabe genau zugeordnet.“
Passgenaue Einrichtungen und maßgenaue Nachfolgeregelung
Roland Kiefer war selbst ein Nachfolger. 1979 übernahm er den Handwerksbetrieb von seinem Vater Gerhard Kiefer, der die Schreinerei zwanzig Jahre zuvor gründete. Damals werkelte er in einer Garage mit vier Mitarbeitern auf rund 120 Quadratmetern. Für Roland Kiefer war klar, wenn er weitermacht, dann muss der Betrieb wachsen und wirtschaftlicher werden. Er siedelte mit der Produktion vom Ortskern ins Denzlinger Gewerbegebiet Steinbühl. Dort baute er die heutige 1200 Quadratmeter große Fertigungshalle mit Bürofläche. „Maßgeschreinert“ wurde zum Markenmotto, weil es genau das beschreibe, was sie machen: Passgenaue Einrichtungen für Büros, Banken, Arztpraxen, Läden oder Wohnbereiche.
Heute hat Roland Kiefer Zeit für Hobbies wie Fahrradfahren. Ratschläge gebe er gerne, wenn ihn seine Töchter darum bitten, sonst halte er sich raus. Zum Mittagessen trifft sich die ganze Familie täglich, dabei sind berufliche Themen am Tisch tabu. Die Abgrenzung zwischen Betrieb und Privatleben sei allen wichtig. Klare Linien sind ein generelles unternehmerisches Prinzip der Kiefers, die 30 Mitarbeiter beschäftigen: „Wir haben die Fach- und Verantwortungsbereiche zwischen uns genau geregelt, damit gibt es auch keine Streitpunkte“, sagt Nadine Kiefer.
Führen in Teilzeit ist eine Frage der Organisation
Von Frauen geführte Handwerksbetriebe sind unterrepräsentiert, das zeigen die Zahlen der Handwerkskammer Freiburg. Von 12.363 Einzelunternehmen im Kammerbezirk haben 3.281 Betriebe eine Inhaberin. Die Kiefers führen ihre Funktion in Teilzeit aus, um Familie und Beruf in einer guten Balance zu halten. Beide sind Mütter von jeweils zwei kleinen Kindern. Mit Uwe Kussek haben sie 2019 einen dritten Geschäftsführer und Gesellschafter ins Boot geholt. „Anders wären das Arbeitspensum und die Präsenzzeiten nicht zu schaffen“, sagt Nadine Kiefer. Den Zusatz „& Sohn“ im Firmennamen haben sie bewusst belassen. Oft sei die Frage danach der erste Aufhänger bei Neukundengesprächen. So sei man gleich mittendrin in der Unternehmensgeschichte, die sich auch in weiter Zukunft vielleicht weiterschreiben lässt.
„Wir sind zwischen Hobelspänen, Holzbrettern und Werkbank aufgewachsen und später dann auch beruflich in die Schreinerei hineingewachsen.“
Nadine Kiefer