Nicht nur heiße Sommer können dazu beigetragen, dass die deutschen Mineralwasserbrunnen Rekorde verzeichnen. In den letzten Jahrzehnten haben die deutschen Unternehmen bundesweit einen erhöhten Pro-Kopf-Verbrauch verzeichnet.
Von Katharina Müller
Auch in der Region Südbaden steigen die Absätze, zum Beispiel bei Bad Dürrheimer. Mit 100 Millionen Litern im Jahr macht das Unternehmen rund 27 Millionen Euro Umsatz jährlich. Dabei haben nicht nur Familienfeste wie Weihnachten, sondern auch hohe sommerliche Temperaturen eine erfreuliche Auswirkung auf den Absatz, dann ist ein „Mineralbrunnen fast wie eine Eisdiele“, sagt Marc Scheibel, Gesamtvertriebsleiter der Bad Dürrheimer Mineralbrunnen GmbH.
Er erklärt allerdings auch, dass den größten Anteil am Zuwachs die Discounter haben und dass diese die bundesweit steigenden Umsätze beeinflussen: „Wir von Bad Dürrheimer würden uns natürlich wünschen, dass Verbraucher noch mehr zu regionalem Mineralwasser greifen“, das Discounter-Wasser ist fast immer nur in Plastikflaschen erhältlich, was die Umwelt belaste, „teilweise muss das Wasser auch weite Transportwege zurücklegen“, besser sei regionales Mineralwasser aus Glasflaschen.
Auch kann sich Plastik auf den Geschmack auswirken, wie Stiftung Warentest gerade erst in einer Untersuchung von Medium-Mineralwassern feststellte. Auch der Mineralstoffgehalt variiert bei verschiedenen Marken, wirklich reichhaltig muss aber heute kein Wasser mehr sein: Bis 1980 war der Gehalt von 1000 Milligramm Mineralstoffe pro Liter Pflicht, die EU kippte die Vorgabe. Seither dürfen sich auch mineralstoffarme Wasser „Mineralwasser“ nennen.
Im Jahr 2016 wurden in Deutschland 11,3 Milliarden Liter abgefüllt, ein Rekordwert mit einem Plus von 0,8 Prozent, wie der Verband Deutscher Mineralbrunnen e.V. (VDM) bekannt gibt. Und auch der Gesamtabsatz der Branche, der sich aus Mineralwasser, Heilwasser sowie Mineralbrunnen-Erfrischungsgetränken berechnet, stieg um 0,4 Prozent auf 14,8 Milliarden Liter. In heißen Sommern und bei Rekordtemperaturen kann der Absatz auch schon mal um 20 Prozent höher liegen als in Vergleichsmonaten.
Bad Dürrheimer Mineralbrunnen macht mit Mineral- und Heilwasser über 80 Prozent des Umsatzes, am besten läuft „Medium“. Scheibel sagt: „In Süddeutschland waren wir der erste Mineralbrunnen in den 60er Jahren, der ein Mineralwasser mit reduzierter Kohlensäure auf den Markt brachte.“ Eine Trendwende, die sich heute zu bestätigen scheint, denn deutschlandweit verzeichnet das Mineralwasser ohne Kohlensäure mit 9,5 Prozent den größten Zuwachs.
Vor gut 3 Jahren hat sich das Unternehmen für eine weitere Produktdiversifikation entschieden und verzeichnet damit wachsenden Absatz: „Légère“ ist ein Mineralwasser mit einem Hauch von Kohlensäure und einer besonderen Flaschenform. Scheibel sagt: „Für guten Geschmack und ausgezeichnete Qualität gibt es auch einen Markt und der wächst ständig“.
Das hat auch mit dem Trend hin zu gesundem Lebensstil und mit dem gestiegenen Anspruch gesunder Ernährung zu tun. Gerade auch außerhalb von Deutschland scheint sich Wasser – wohlgemerkt mit entsprechendem Marketing – zum Lifestyle-Produkt entwickeln zu können: In Amerika ist beispielsweise das Fiji Water beliebt. Ein stilles Wasser, das mit entsprechender Bildsprache, Vokabular und Story arbeitet, ein Quellwasser das weit weg auf den Fiji-Inseln entspringen soll. Plötzlich muss der Konsument kein Aussteiger und kein abenteuerlich gestrandeter Robinson Crusoe mehr sein, um den Traum von weißen Sandstränden und unberührter Natur zu erlangen. Der Durst nach solchen Sehnsüchten wird auch mit exotischem Etikett, Lotusblüte, Palmwedel und Aquarium-artig schimmernden Farben auf dem Etikett gestillt.
Der Blick nach Deutschland zeigt viel mehr rationalere Werbung und Kampagnen. Da gibt es das Reutlinger Unternehmen Eiszeitquell, das ein ähnliches Versprechen aufruft. Hier ist es zwar nicht der Südpazifik, dafür geht es tief hinab in die uralten Gesteinsschichten, zur Eiszeit-Quelle. Das ursprüngliche Quellwasser sei noch heute wie das Wasser vor über 10.000 Jahren. Denn so tief unten ist es frei von Schadstoffen wie Nitrat, Nitrit, Hormonen und Arzneimittelrückständen.
Der Gesundheitsaspekt ist beim Wasser oft ein Thema, Anfang 2017 startete Gerolsteiner dafür beispielsweise ein Aufklärungsprojekt mit der Berliner Agentur Schröder und Schömbs für einen gesunden Lebensstil – online sowie Print und mit App warb das Unternehmen dafür, eine Woche lang nur Mineralwasser zu trinken.
Auch Auszeichnungen und Preise kann man inzwischen mit Mineralwasser gewinnen: Bad Dürrheimer wurde beispielsweise von der Deutschen Umwelthilfe und der Stiftung Initiative Mehrweg ausgezeichnet für das nachhaltige Konzept von „Légère“: Eine besondere Glasflasche, bei der man beim Abfüllen eines Liters 16 Prozent weniger Material verbrauche. Das sei innovativ, denn es schone Ressourcen und Umwelt.
Inzwischen gibt es sogar Bio-Siegel für Mineralwasser und Bad Dürrheimer hat es. Ob das nun eher verwirrt oder einen Kaufanreiz schafft ist die Frage, denn Mineralwasser wird nicht im klassischen Sine „angebaut“. Die Qualitätsgemeinschaft Bio Mineralwasser e.V., wo Demeter oder Bioland Mitglied sind, weil diese Form der Landwirtschaft den nachhaltigen Wasserschutz unterstütze, bestätige eine besondere Reinheit. Auch ein internationales Institut bestätige das.
Wasserqualität, die inzwischen nicht mehr überall erreicht werde, erklärt Marc Scheibel. Stiftung Warentest hatte zuletzt auch gezeigt, dass ein Großteil der untersuchten Wasser noch immer innerhalb der tolerierten Werte liege – also nicht als gesundheitsschädlich eingestuft wird – aber dennoch Rückstände aus Landwirtschaft, Industrie und Haushalt aufweise.
Scheibel erklärt mit eben dieser Begründung den Ansatz des Unternehmens, sich mit dem Siegel auszeichnen zu wollen: „Die anhaltende Verschlechterung der Wasserqualität in Deutschland macht eine schärfere Qualitätsrichtlinie für Mineralwasser mittlerweile notwendig. Für die absolute Reinheit unseres Mineralwassers ist die Natur zuständig, unsere Aufgabe ist es aber dafür zu sorgen, dass sie das auch in Zukunft noch leisten kann.“ Das sei nicht nur einfach Unternehmensphilosophie, sondern Engagement für die Umwelt, zum Schutz und für die langfristige Sicherung sauberen Grundwassers.