„Tour de Handwerk“: Respekt ist der Schlüssel
Die Grüne Jugend, Junges Freiburg, die Junge Union und die Jusos freuten sich über den somit für sie nicht alltäglichen Einblick in die Betriebe und Werkstätten des Handwerks.
Das Handwerk braucht Nachwuchs
Los ging es in den Werkstätten der Gewerbe Akademie: Hier lernten die Jungpolitiker zunächst die überbetriebliche Ausbildung kennen – und waren beeindruckt. In den Elektro-Werkstätten trafen sie auf Auszubildende im Theorie- und Praxisunterricht. Ausbildungsmeister erläuterten die Wichtigkeit der überbetrieblichen Ausbildung, die die Ausbildung in den teilweise sehr spezialisierten Betrieben ergänzt. Denn nur umfassend und auf aktuellem Stand ausgebildete Nachwuchskräfte können die Innovationskraft des Handwerks auch in Zukunft stärken.
Wie das Thema Nachwuchs- und Fachkräftesicherung das Handwerk und seine Betriebe umtreibt, erläuterte Inge Tritz, Referatsleiterin für Fachkräftesicherung und Nachwuchsförderung der Handwerkskammer Freiburg. Eine Frage kam dabei recht schnell aus den Reihen der Gäste: „Woran liegt es, dass das Handwerk Probleme hat, Auszubildende zu finden?“ Tritz sieht dafür die gesellschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte hin zu einer Akademisierung der Bildung als ausschlaggebend. „Das gesellschaftliche Ansehen des Handwerks ist in den Köpfen – gerade der Eltern – weiterhin nicht hoch genug angesiedelt.“ Dies zu verändern sei eine langfristige und nicht einfach zu lösende Aufgabe, an der das Handwerk schon seit einiger Zeit offensiv arbeite und auch erste Erfolge erziele.
Das Handwerk muss an sich arbeiten
Dass dabei auch die Handwerksbetriebe selbst gefordert sind, wurde bei der zweiten Station der Tour diskutiert. Im Betrieb des Raumausstattermeisters und Freiburger Kreishandwerksmeisters Michael Rauber, der in seinem in dritter Generation familiengeführten Kleinbetrieb zwei Lehrlinge ausbildet, wurde sichtbar: Es gibt deutlich weniger Probleme, Auszubildende zu finden, wenn die Ausbildungsqualität im Betrieb stimmt. Deutlich wurde auch, dass bei der Auswahl der Auszubildenden bei weitem nicht nur die Noten zählen. „In einem kleinen Betrieb müssen auch die Motivation des Azubis und die Chemie im Team stimmen.“
Die familiäre Atmosphäre in vielen Betrieben entfalte zudem eine hohe integrative Kraft und bringe vielfältige Erfolgsgeschichten mit schwierigen Jugendlichen hervor. Das helfe auch bei der Herausforderung, sich bei dem deutlich veränderten Ausbildungsmarkt neuen Zielgruppen auf dem Bewerbermarkt anzunehmen. Ohne die richtige Unterstützung aus der Politik würde aber viel guter Wille ausgebremst. Eine ganz aktuelle Forderung an die Gäste war denn auch, sich für bessere Rahmenbedingungen bei der Ausbildung von Flüchtlingen einzusetzen. „Die Bereitschaft, Flüchtlinge auszubilden ist da – wir brauchen aber deutlich mehr Rechtssicherheit bei der Bleiberechtsregelung“, so Düpper.
Das Handwerk braucht Mut und Respekt
Auch der langfristige Erhalt des Meisterbriefs als Qualitätssiegel für hochwertige Ausbildung und nachhaltiges Unternehmertum war Thema. Am Beispiel des Raumausstatter-Handwerks wurde deutlich, was ein Wegfall der Meisterpflicht bedeutet: In diesem im Jahr 2004 aus der Meisterpflicht gefallenen Handwerk gibt es nur noch wenige ausbildende Betriebe, weshalb gut ausgebildete Fachkräfte heute rar werden.
Bei der letzten Station der Tour wurde die Bedeutsamkeit der Meisterausbildung erneut betont: Schreinermeister Philipp Egenter begrüßte die Teilnehmer in den Räumen seines Unternehmens „Raumobjekt“. Nach der Meisterprüfung 2008 hatte er gleich den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und einiges an Risiko auf sich genommen. Die Motivation, Eigenes zu schaffen und Verantwortung zu übernehmen, trug ihn durch die ersten von viel Unsicherheit geprägten Monate. Was ihn bei der Existenzgründung am meisten beschäftigt habe, wollten die Besucher wissen. „Die Verantwortung zu übernehmen hat mir anfangs mehrfach schlaflose Nächte bereitet“, gab Egenter offen zu.
Denn schon nach zwei Jahren Selbstständigkeit setzte er auf Expansion und nahm den ersten Gesellen mit ins Boot. 2014 folgte der erste Auszubildende, der zweite steht bereits in den Startlöchern. Das mittlerweile auf fünf Stammkräfte angewachsene Team machte ebenfalls klar, wie wichtig die Chemie ist. „Jeder versucht, das Beste aus sich herauszuholen und einzubringen“, so Engeter. Das sei ein wichtiger Teil des Erfolgsrezepts seines Betriebes, der erst in diesem Jahr in neue Räumlichkeiten gezogen ist. Aus den Äußerungen der Mitarbeiter wurde auch hier klar: Die Ausbildungsqualität im Betrieb macht den Unterschied. Zum Ende der Tour wurde somit deutlich, dass die Handwerksbetriebe es vor allem auch selbst in der Hand haben, die Attraktivität der handwerklichen Ausbildung und des Handwerks zu stärken: Qualität und Regionalität sind bei den Kunden wieder gefragt – hier ist nun das Handwerk am Zug, dieser Nachfrage selbstbewusst und mit hoher Qualität nachzukommen. Dann sollte auch der zu Beginn der Tour beklagte fehlende gesellschaftliche Respekt für das Handwerk wieder ins Lot kommen. Der Respekt für die unternehmerische Leistung Engeters jedenfalls war bei der Besuchergruppe deutlich zu spüren.
+++ Bild 1: Spannende Einblicke: Die Vertreter der Jugendparteiorganisationen verfolgen interessiert den Aus- und Vorführungen zu den Arbeitsabläufen in der Schreinerei. Foto: Handwerkskammer Freiburg +++