Wer sich in Ursula Bohnys Geschäft direkt am Kirchzartener Bahnhof begibt, findet dort ein Sortiment vor, das auf den ersten Blick typisch ist für eine Lage wie hier in der Nähe des Zentrums der Dreisamtal-Gemeinde. Nur: typisch ist, dass es solche Läden eigentlich gar nicht mehr gibt.
Ursula Bohny handelt mit Wohnaccessoires, Geschenken sowie Bürobedarf – letzteren im Einzelhandel wie für Großbesteller auch mit Online-Shop. Ihren eigenen Schwerpunkt hat sie auf den Handel mit (ergonomischen) Büromöbeln gelegt, da ihr die eingehende Beratung viel Freude bereitet und von den Kunden besonders gewünscht wird. Dass sie mit ihrem Sortiment ein langsames Wachstum verzeichnet und seit ihrem Einstieg 2003 konstant vorankam, ist antizyklisch und der beachtliche Erfolg einer Unternehmerin.
Als sie vor 13 Jahren in das Geschäft ihres Mannes einstieg, um es schließlich allein zu bestreiten, sah es weniger rosig aus: Ein Geschäftspartner war eben von Bord gegangen, und hatte eine miserable Geschäftslage hinterlassen. Heute sind 10 Teil -und Vollzeitangestellte tätig, die meisten schon seit rund zehn Jahren. Das Sortiment hat Ursula Bohny so aufgebaut, dass alle Waren auf den 230 Quadratmetern in gutem Einklang stehen: 40 Prozent des Umsatzes steuert der Bürobedarf im Geschäft und für Firmenlieferungen bei, 30 Prozent Präsente und Accessoires vom Kalender bis zur Tasse, 30 Prozent das Büromobiliar.
Damit sind auch saisonale Unregelmäßigkeiten vom Schulanfang bis zum Weihnachtsfest gut auszugleichen – und es gibt immer einen Grund, im Laden vorbeizuschauen. Ein wesentlicher sind die ergonomischen Schreibtischstühle, für einen Teil von ihnen betreibt Ursula Bohny den Exklusivhandel zwischen Lörrach und Offenburg. Teil ihres Services ist dabei auch, dass sie Kunden, beispielsweise nach Bandscheibenvorfällen, in deren Reha-Einrichtungen Probesitzen lässt.
„Mund-zu-Mund-Propaganda“ und „zufriedene Kunden“ nennt die Mutter von vier Töchtern dann auch als Hauptgrund, dass ihr Geschäft den Trends trotzt. Viele kämen nach dem Kauf eines solchen Stuhls auch immer wieder in den Laden zurück – ausgenommen vielleicht jene, die sie bis nach Paris oder London bereits per Versand beliefert hat.
Ursula Bohny pflegt einen ruhigen, optimistischen Blick auf die Dinge. Und Lösungen: Das Internet als Konkurrent des Ladens? Sie selbst ist an ein großes Logistikzentrum angeschlossen samt Onlineshop und Katalog und kann rund 80.000 Artikel vom Kugelschreiber bis zum Konferenztisch liefern. Die durch die verbesserte Anbindung von B31 und Höllentalbahn in zehn Minuten erreichbare Freiburger City? Bringt ihr Kunden, auch von weiter weg, statt welche zu nehmen. Dass immer weniger Papier gebraucht wird in digitalen Zeiten? Dafür seien andere Produkte wie Toner dazugekommen, sagt sie lächelnd.
Vor allem aber, dass die Leute inzwischen alles überall und zu jeder Tageszeit einkaufen? „Ich glaube, dass die Trendwende hier in Kirchzarten längst begonnen hat“, antwortet sie. „Die Menschen kaufen wieder regionaler ein, sie wollen ein authentisches Erlebnis und eine Beratung, die ehrlich ist und in einem familiären Rahmen stattfindet.“ Zu ihr kämen besonders im Bereich der Bürostühle viele, die sich wieder umorientieren und lieber kompetent unterstützen lassen, statt ein Produkt zurückschicken zu müssen, weil es nicht passt. Durch die Rücksprache mit Herstellern, oder auch mal den Rat, etwas nicht zu kaufen, wenn es nicht geeignet ist, werden langfristige Kundenbindungen geschaffen.
Es sei ihr aber bei aller Geschäftstätigkeit auch wichtig gewesen, die Erziehung der vier Töchter, sie sind heute zwischen 22 und 31 Jahren alt, nicht dem Unternehmen unterzuordnen. Dass sie als Unternehmerin sich neben allem im VDU engagiert, zwar nicht in einer festen Funktion, sondern in einer etwas passiveren Rolle, sei Martina Feierling-Rombach zu verdanken, die sie vor fünf Jahren einfach angesprochen habe.
Neben den interessanten Persönlichkeiten der Geschäftsfrauen dort hätten sie die guten Kontakte beeindruckt, vor allem aber, dass dort jede Unternehmerin aus allen Themenbereichen Inspiration findet. Und dass Angebote für Reisen von Moskau bis nach Mexiko auf der Agenda stünden, beeindrucke sie – auch wenn Ursula Bohny selten die Zeit findet, alles auch für sich zu nutzen. „Aber es ist wichtig, dass jede von uns den Freiraum findet, um über das Tagesgeschäft hinauszublicken.“ Auch dies dürfte zu ihrer Erfolgsgeschichte in Kirchzarten beigetragen haben.
Von Rudi Raschke
Erschienen in der Ausgabe vom 08/16