Mehr Männerdomäne geht kaum für eine Unternehmerin: Nur ein Prozent der über 230.000 Menschen, die sich hierzulande mit dem Vermitteln von Versicherungen betätigen, sind Frauen. Eine von diesem Bruchteil, obendrein sehr erfolgreich, ist Doris Desbarats aus March-Hugstetten, die seit 20 Jahren eine Generalvertretung des AXA-Konzerns (früher Colonia) betreibt.
Als sie 1996 ins Geschäft einstieg, hat es unschöne Warnungen gegeben: „Mein Bezirksdirektor wurde für verrückt erklärt, dass er eine Frau einstellen will“, so etwas kann sie heute gelassen erzählen. Geholfen habe ihr, dass sie bereits seit Mitte der 80er Jahre selbstständig war und ihre Expertise aus Softwareanalyse, Buchhaltung und Betriebswirtschaft in einem Unternehmen mit ihrem damaligen Ehemann (von ihm stammt der französischer Name der gebürtigen Holzhauserin) nutzen konnte. Aus dem Wunsch nach einer Trennung der beruflichen Wege wurde der jetzige Berufsweg, den sie mit einer Lehre zur Versicherungsfachkauffrau und zahlreichen Weiterbildungen einschlug.
In relativ kurzer Zeit von nur vier Jahren gelang ihr der Aufstieg zur Generalvertretung, seit drei Jahren stellt sie auch eine Regionalvertretung. „Gleich gut zu sein“ habe nicht gereicht, sagt sie heute, es sei eine „Gratwanderung“ gewesen, bei der sie oft erlebt habe, dass sie weit akribischer und detailversessener mit ihren Kompetenzen umzugehen habe als männliche Kollegen, die Verträge eher per Jovialität und dem Netzwerken an unterschiedlichsten Orten generierten. Zu dieser Gratwanderung gehöre auch, dass weiblicher Charme und Freundlichkeit in diesem „schweren Job“, wie sie es nennt, an Grenzen stoßen. Für sie galt stets, „analytisch statt kumpelhaft“ zu Werke zu gehen, sagt Doris Desbarats.
Inzwischen betreut ihr Büro eine knapp vierstellige Zahl an Kunden, ein Fünftel davon Firmenkunden. Im Vorgehen nutzt sie dabei die Ressourcen, die sie in der IT angehäuft hat: „Es geht nicht ohne das Sammeln und Vernetzen von Informationen“ erklärt sie ihre Arbeitsweise, die neben den Daten der Versicherten immer auch das Persönliche im Blick behält. Umso wichtiger, als sie von hohen Treuewerten ihrer Stammmandanten profitiert, manche von ihnen sind ihr als Kleinkinder zum ersten Mal begegnet und sind jetzt selbst Eltern.
Dass dies lange vor dem Aufkommen des Begriffs schon immer mit Nachhaltigkeit zu tun hatte, ist für sie so selbstverständlich, dass die Frage danach zunächst gar nicht zur naheliegenden Antwort führt. Aber ihre Schilderungen „flexibler Konzepte für unterschiedliche Lebensabschnitte“, ihre begeisterte Darstellung von 10-Stunden-Tagen und den „Herzensanliegen“ im Umgang mit den Kunden, die Betonung von Menschenkenntnis jenseits der Zahlen, lassen keinen anderen Schluss zu, als dass dies in der Beziehungspflege weit mehr ist als ihre Bezeichnung „360-Grad-Service“ im eigenen Faltblatt. „Wertschätzung und Achtsamkeit“ lauteten stets ihre Prinzipien, vermutlich lange, bevor diese zu Modewörtern wurden.
Im hiesigen Verband der deutschen Unternehmerinnen (VdU) hatte sie seit 2012 bei Veranstaltungen reingeschnuppert, engagiertes Mitglied – Doris Desbarats verantwortet die Öffentlichkeitsarbeit Baden Süd des Kreises – wurde sie in Folge einer Weinprobe, bei der sie die private Atmosphäre so erfrischend wie normal und lustig gelassen empfunden habe. In Folge ihres Eintritts konnte sie sich immer wieder überzeugen, dass unter Frauen eine andere Sprache und Betrachtungsweise gepflegt werde. Das, was bei ihren männlichen Kollegen (nicht selten schnell in den Hobby-Talk über Fußball und Autos abdrifte, sei hier das offene Austauschen über Personalprobleme, „warum-passiert-mir-so-etwas“-Fragen oder auch das Eingeständnis, dass man sein Geschäftsenglisch auffrischen müsse und sich nach Hilfe erkundigt. „Es geht hier um das zusammen Lernen und Wachsen“ ist ihre eindrucksvolle Erfahrung.
Bei der von ihr federführend organisierten VdU-Veranstaltung zu TTIP mit dem Wirtschaftsweisen Lars Feld habe sie noch einmal „andere Sphären und neue Impulse“ erlebt, sagt Doris Desbarats über dieses Wachsen. Ausgleich von den Tätigkeiten in den Verbänden (nebenbei ist sie auch noch im Bundesverband deutscher Versicherungskaufleute BVK e.V. der Versicherer engagiert) findet sie in Mediation und „Auspowern“, beim zweimaligen Joggen pro Woche und auf Tageswanderungen am Wochenende.
Und im Lachen: Das vergehe ihr höchstens, wenn sie manches schwarze Schaf in der Branche beobachte, der Versicherer für das Scheitern der Riester-Rente in die mediale Haftung nimmt oder wenn eben die Komplexität von bis zu 20-seitigen Anträgen den Versicherten überfordere. Herzhaft freuen kann sie sich dagegen, wenn ihre Branche, wie im Fall der Serie „Stromberg“, Gegenstand von Comedy ist: Die dortigen Konflikte einer fiktiven Schadensregulierung kann sie sich nach Feierabend durchaus anschauen. „Ich habe die Serien alle auf DVD“, sagt die leidenschaftliche Unternehmerin.
Erschienen in der Ausgabe vom 05/16