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  • Kulinarik 11/2020
  • Schwerpunkte

„In der Pampa muss man kleppern“

  • 30. November 2020
Jutta Zeisset, MuseumsCafé, Weisweil
Die Qualität muss stimmen: Das gilt für Jutta Zeisset in der Gastronomie wie in der Politik. Foto: ZVG
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Jutta Zeisset beherrscht dies. Auf allen Social-Media-Kanälen “kleppert” sie für ihr Café, die Gebäckmanufaktur nebst Hofladen und Museum in der Rheingemeinde Weisweil. Und sie gibt ihr Wissen darüber bundesweit weiter. Die umtriebige Unternehmerin will aber mehr bewegen als Kuchenbleche. Bei der Landtagswahl 2021 kandidiert sie für die CDU im Landkreis Emmendingen.

 

VON CHRISTINE WEIS

Montag und Dienstag ist Ruhetag im MuseumsCafé, wenn auch nicht für Inhaberin Jutta Zeisset. Anfang der Woche tourt sie durch Deutschland und gibt Social-Media-Seminare für Landwirte, Direktvermarkter, Landfrauen oder landwirtschaftliche Verbände. Onlinemarketing ist ihr zweites Standbein. Da zeigt sie dann anderen, wie man auf sich aufmerksam macht.

Die Pandemie hat ihre Seminartätigkeit ausgebremst und im ersten Lockdown im Frühjahr musste sie das Café schließen und einen Teil ihrer 30 Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Doch wer sich im Direktmarketing so gut auskennt wie sie, für den ist die Krise eine Chance: Zeisset stellte ab dem Lockdown im Frühjahr Pakete mit Feldsalat, Nudeln und Brot zum kontaktlosen Mitnehmen vor den Laden. Die Nachfrage war so riesig, dass die 40-Jährige den Hofladen kurzerhand zum SB-Shop umbaute. Seitdem hat der Laden sieben Tage, 24 Stunden geöffnet.

Einen Onlineshop mit eigener App betreibt Zeisset seit 2018, er läuft nicht erst seit Corona gut. Neben Brot und Plätzchen aus der eigenen Backstube gibt es Rehgulasch aus der March oder Weine von der Sasbacher Winzergenossenschaft. Auch hier hat die Nachfrage das Geschäftsmodell bestimmt. „Wir hatten einfach zu viele Bestellungen, die via E-Mail oder telefonisch reinkamen“, sagt Zeisset. Es sind die Keks-Klassiker wie Bärentatzen, Mandelmakronen, Vanillegipfel und Zimtstangen, die von Weisweil aus europaweit und bis in die USA verschickt werden. Im Ausland sind es meistens deutsche Kunden, die sich nach dem Geschmack der heimischen Gebäcksorten sehnen. Die Backstube läuft bis Weihnachten auf Hochtouren, 24 Sorten werden es bis zum Fest.

Wann allerdings der Gastrobetrieb wieder normal laufen kann, ist ungewiss und wie sich die Schließung ab November auswirken wird, lässt sich noch nicht absehen. „Das Infektionsgeschehen ging nicht von der Gastronomie aus“, betont die Wirtin, „wir achteten streng auf die Einhaltung der Hygienemaßnahmen, der erneute Lockdown ist eine Katastrophe für unsere Branche, die Ausgleichszahlungen werden nur einen geringen Teil des Ausfalls kompensieren“.

 

Zeisset macht Politik für Gastonomen und Landwirte

Zeisset macht sich auch politisch stark für ihre Zunft: „Im Landtag reden zu viele über Themen, von denen sie keine Ahnung haben. Wir brauchen mehr Praktiker mit Sachverstand in der Politik. Denn besser als jede Beratung ist Erfahrung.“ Hier hört man deutlich den neuen Wahlkampfton. Im Juli hat die CDU im Landkreis Emmendingen sie zu ihrer Kandidatin für die Landtagswahl 2021 gewählt. Praxis kann sie gleich in mehreren Bereichen aufweisen. Denn die Unternehmerin kommt aus der Landwirtschaft. 2001 hat die gelernte Gärtnerin den Bauernhof mit Hühnerhaltung von den Eltern übernommen. Die Hühner hat sie zwar abgeschafft, aber im Agrarbereich kennt sie sich trotzdem aus. Die dafür zuständige, eher erfahrungsfern agierende Bundesministerin Julia Klöckner nennt sie gar „die Stimme der Landwirtschaft“.

Die Bauern können sich über fehlende Aufmerksamkeit gerade nicht beklagen, allerdings sind die Schlagzeilen meist negativ: Sie werden für Insektensterben, Grundwasserverschmutzung und Klimawandel verantwortlich gemacht. Dazu hat Zeisset eine klare Meinung: „Ein Problem ist, dass die Landwirte nicht erklären, was sie tun. Und die Verbraucher es dann auch nicht besser wissen können.“ Mit dieser Auffassung ist sie nicht allein. Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Silvia Breher forderte Anfang des Jahres ein besseres Marketing und eine Wertschätzungskampagne für die Landwirtschaft, egal ob bio oder konventionell.

Politik für die Landwirtschaft zu machen, ist nicht einfach, das weiß Zeisset: „Da wissen es alle besser als der, der auf dem Platz steht.“ Die Landwirte müssten sich auch an der eigenen Nase fassen, runterkommen vom Schlepper und sich den Fragen stellen, klar machen, was auf dem Feld oder im Stall vor sich geht. Da ist sie wieder Forderung nach Kommunikation.

 

Wie steht Zeisset zum neuen europäischen Agar-Deal?

Die Agrarminister haben sich Ende Oktober in Brüssel darauf geeinigt, dass künftig 20 Prozent der direkten Subventionen an Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen gekoppelt sind. Klöckner spricht von einem Systemwechsel hin zu mehr Ökologie. Den Umweltverbänden und den Grünen geht das nicht weit genug, die Anreize seien zu gering. Zeisset ist sich mit der CDU-Ministerin einig: „Das ist der richtige Weg. Die Bauern werden das annehmen und sich umstellen.“

Die Kritik von den Grünen sieht sie gelassen, das sei deren Job, augenzwinkernd sagt sie: „Ohne die Grünen wären wir in der Landwirtschaft noch auf dem Stand vor 20 Jahren. Aber alles muss mit Maß und Ziel sein.“ Das hört der Koalitionspartner in Stuttgart sicherlich gerne.

Was den Frauenanteil im Landtag angeht, sieht`s bei den Grünen besser aus, fast die Hälfte der Fraktion ist weiblich. Da hat die CDU Nachholbedarf, deren Frauenanteil im Landtag bei drei Prozent liegt. „Wir müssen uns attraktiv machen für Frauen und mit den parteiinternen Kämpfen aufhören“, fordert Zeisset. Eine Quote lehnt sie allerdings ab: „Ich will keine Quotenfrau sein, was zählt ist Qualität.“ Die muss stimmen, ob beim Kuchen oder in der Politik.

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