Kristin Hendricks-Fuchs führt seit 2017 gemeinsam mit ihrer Schwester Viktoria Fuchs das Romantikhotel Spielweg im Münstertal. Die Aufgaben sind klar verteilt: Viktoria macht Küche, Einkauf, Restaurant. Kristin kümmert sich um die Verwaltung, Rezeption und Service.
TEXT: JULIA DONÁTH-KNEER • FOTOS: SANTIAGO FANEGO
Sanftes Holz, goldgerahmte Bilder, schwere Sessel, niedrige Decken, Jagdtrophäen. Im Romantikhotel Spielweg im Münstertal trifft Tradition auf Moderne – das ist der große Spagat, den die Schwestern Kristin Hendricks-Fuchs und Viktoria Fuchs hinbekommen müssen. Denn die Modernisierung auf dem Land verlangt viel Fingerspitzengefühl. „Unsere Gäste sind offen für neues – in der Küche. Aber nicht, wenn wir Historisches bei der Einrichtung ändern möchten. Die Stuben, die Terrasse, die Zimmer sollen aussehen wie immer. Es gibt Dinge, die wir sogar modernisieren müssen, wie zum Beispiel die Bäder, aber es gibt noch viel mehr Dinge, die nicht geändert werden sollen“, sagt Kristin Hendricks-Fuchs.
Die 35-Jährige ist gemeinsam mit ihrer anderthalb Jahre jüngeren Schwester Viktoria im Spielweg aufgewachsen. Das 1861 eröffnete Haus im oberen Münstertal wird heute von beiden gemeinsam in sechster Generation geführt. Im Gegensatz zu Küchenchefin Viktoria wusste Kristin zunächst nicht, ob die Hotellerie ihr Lebensweg sein wird. „Als wir Kinder waren, haben uns die Gäste immer gefragt, was wir mal machen wollen. Viki hat schon als Fünfjährige gesagt, dass sie Köchin werden will und ich habe immer gedacht, ich könnte vielleicht Vulkanforscherin werden.“ Das mit den Vulkanen wurde nichts. Nach dem Abitur studierte Kristin Hotelmanagement, arbeitete in Kanada und in Südafrika. 2013 kam sie ins Familienhotel zurück – und blieb.
Kurze Zeit später änderte sich alles. Ihr Vater Klaus-Josef Fuchs, renommierter Koch und Gründungsmitglied der Jeunes Restaurateurs Deutschland, einer Vereinigung junger Spitzenköchinnen und -köche in Europa und Australien, hatte eine Hirnblutung. Von heute auf morgen war der Chef im Krankenhaus, die Zeit stand still. Also holte Kristin ihre Schwester nach Hause. Viktoria, damals Köchin im Schloss Elmau, übernahm die Spitzenküche des Vaters. Kristin spricht von „Krisenenergie“, die viele Prozesse auch beschleunigt habe. „Zum Glück sind unsere Gäste mitgegangen und wir haben in kurzer Zeit extrem viel geschafft.“
Heute haben die Töchter die Geschäftsführung übernommen, Mama Sabine arbeitet voll mit, der Vater hat sich zwar aus dem operativen Geschäft zurückgezogen, gibt aber weiterhin Kurse am Wochenende, übers Salami machen oder die Verarbeitung von Wildfleisch. Alle wohnen im Hotel, auch die Oma hat ihre Wohnung in den oberen Etagen. Momentan ist Kristin, Mutter von drei Kindern, besonders gefordert: Viktoria hat Ende Februar, einen Tag vor diesem Interview, ihr erstes Kind zur Welt gebracht. Ehrensache, dass die Geschäfte trotzdem weiterlaufen. So ist es, wenn man sich die Führung teilt. „Sie hat mich die letzten Jahre unterstützt, jetzt bin ich dran“, sagt Kristin. Ihre jüngeren Kinder sind ein und drei Jahre alt. Dass die Schwestern nicht zeitgleich schwanger werden, dafür habe die Mama gesorgt. „Sie hat gesagt: Sprecht euch ab, wer wann ausfällt, dann können wir alles wuppen“, erzählt Kristin. Work-Life-Balance im Hotel sieht bei ihr so aus: „Wir sind Gastgeberinnen, das heißt, die Leute wollen uns sehen. Abends legen mein Mann oder ich die Kinder hin, dann gehe ich runter ins Restaurant, spreche mit den Gästen. Das Babyphon hat währenddessen meine Rezeptionistin im Blick.“
Für die kommenden Jahre sind die Schwestern mit Modernisierungen und Sanierung der historischen Gebäude beschäftigt. Geplant ist ein neuer Wellnessbereich mit zwei Saunen, ein Dampfbad, ein neues Frei- und Hallenbad. „Unsere Großeltern haben das Hotel ausgebaut, meine Eltern haben die Kulinarik nach oben gebracht. Und wir sanieren und entwickeln“, sagt Kristin. „Aber natürlich sehr bedacht und nicht zu modern.“
Die Küche im Spielweg ist geprägt durch regionale Gerichte, die mit asiatischen Komponenten kombiniert und auf die Jahreszeit abgestimmt werden. Bekannt sind Küchenchefin Viktoria und ihre Ehemann Johannes vor allem für kreative Wildgerichte. 2021 erhielt das Restaurant einen Grünen Stern vom Guide-Michelin für „nachhaltige Gastronomie“.