Auf Visual Statements® findet man jeden Tag neue inspirierende Zitate, Sprüche und Lebensweisheiten in einzigartigen Designs – auf Facebook, Twitter und anderen sozialen Netzwerken. Kopf dahinter ist Benedikt Böckenförde, der, so könnte man es auf einen simplen Nenner bringen, aus einem Hobby eine Geschäftsidee gemacht hat. Die Kombination origineller Aussagen und stimmungsvoller Bilder kommt an, besonders bei Frauen. Startete alles im net, so sind längst T-Shirts, Poster, Becher oder Handyhüllen am Start. Wie er drauf kam, wohin er noch will und überhaupt – Rudi Raschke sprach darüber mit Benedikt Böckenförde.
netzwerk südbaden: Sie gelten als einer von wenigen Start-Up-Gründern der Stadt, weit abseits vom Gründer-Trubel in Berlin. Wie kann man sich Ihre Idee und die Erlösmodelle vorstellen?
Benedikt Böckenförde: Da muss ich etwas weiter ausholen: Die GmbH „VISUAL STATEMENTS“ steht aktuell auf drei Säulen: Da ist das Startup VS selbst mit reichweitenstarken Kanälen in sozialen Medien (vor allem Facebook und Instagram) auf denen wir redaktionelle Inhalte veröffentlichen. Kern sind dabei zeitgemäße Sprüche und Redensarten, welche optisch ansprechend aufbereitet werden. Über diese Kanäle erreichen wir jeden Monat über 13 Millionen Menschen im deutschsprachigen Raum. Dann gibt es die „StadtBESTEN“, ein soziales Branchenbuch, bei der eine größere Netzgemeinde die jeweils besten Restaurants, Läden, Bars und vieles andere zum Service für andere Nutzer in einer Stadt bewertet. Und dann noch „Hotels in Heaven“, eine Website, auf der wir die wirklich besten Hotels in luxuriösen Lagen besucht und besprochen haben.
netzwerk südbaden: Das klingt nach einem Traumjob, wieviele Mitarbeiter dürfen Sie dabei aktuell unterstützen?
Böckenförde: Derzeit sind es 15, davon sind 10 fest angestellt. Seit diesem April arbeitet mit Kerstin Schiefelbein eine erfahrene Managerin bei uns, die über 10 Jahre bei Hubert Burda Media war und zuletzt international viel Start-up Erfahrung sammeln konnte. Sie arbeitet von Berlin aus, wo künftig drei bis vier Leute für „VISUAL STATEMENTS“ angestellt sein werden.
netzwerk südbaden: Wie ist die Firma in ihrer jetzigen Form gewachsen?
Böckenförde: Alle drei genannten Säulen haben eine ähnliche Entstehungsgeschichte: Wir konnten bei allen über die jeweiligen Social Media Kanäle Reichweite aufbauen und haben dann versucht, Erlösmodelle „hintendranzuklemmen“. Vor der GmbH-Gründung von VISUAL STATEMENTS 2014 gab es bereits die Facebook-Seiten „Du weißt, Du bist Freiburger, wenn…“, „VISUAL STATEMENTS“ und „Hotels to stay in before you die“ welche alle zu echten Marken und eigenständigen Startups wurden. Inzwischen ist „Hotels in Heaven“ ein Modell, in das Werbebudgets für das oberste Übernachtungs-Segment von Bookingwebsiten fließt, weil es hier redaktionell nicht viel Vergleichbares gibt. Die Hotels bezahlen also für die Werbung in diesem Umfeld.
netzwerk südbaden: Wie lässt sich „StadtBESTEN“, das soziale Branchenbuch für den besten Biergarten oder den schönsten Blumenladen finanzieren?
Böckenförde: Mittlerweile informieren sich dort Monat für Monat 50.000 Menschen über Freiburg, angesichts dieser Reichweite setzen wir auf „Native Adversiting“: Die Ranglisten erstellen allein die
Nutzer, die die Bewertungen klicken. Es gibt die Möglichkeit für die Gelisteten, dass sie Zusatzinfos buchen, die dann auf der Seite auftauchen. Man kann es sich in etwa wie einen größer gestalteten Eintrag im früheren „Branchenbuch“ vorstellen.
netzwerk südbaden: Dann bleibt noch die Frage, wie sich der Namensgeber Ihres Unternehmens, die „Visual Statements“ vermarktet.
Böckenförde: Hier gibt es mehrere Wertschöpfungsketten: Durch unsere großen Reichweiten können wir schnell identifizieren, welche Sprüche oder Designs bei unseren Usern beliebt sind. So ist aus VISUAL STATEMENTS ursprünglich das Geschäftsmodell entstanden, also aus der aktiven Nachfrage unserer Community nach Produkten mit unseren Designs. Diese findet sich in Form von Postkarten, Postern, Kalendern und Textilien längst auch im klassischen Handel wieder, in Buchläden zum Beispiel. Das grösste Sortiment findet sich aktuell im E-Commerce zum Bestellen über das Internet. Aus dem Social Publishing, also Beiträgen auf Facebook, die geliked und geteilt werden, speist sich unsere Website, auf der wir ab Mitte 2016 auch Werbung einbinden. Die Website hatte aus dem Stand 300.000 Unique User/Monat (Seitenbesuche, die Red.), jetzt gehen wir mit dieser Expertise und Reichweite daran, Kampagnen für größere Werbekunden zu entwickeln. Wir setzen aber auf unterschiedlichste Wertschöpfung, nicht nur aufs Netz – der Verkauf unserer Artikel im Buchhandel übertrifft alle Erwartungen.
netzwerk südbaden: Kann man von der Beliebtheit im Web auch auf den Postkartenverkauf im Handel schließen?
Böckenförde: Nicht immer, manche Produkte sind unterschiedlich erfolgreich. Aber wir verstehen uns bei der Auswahl der Motive für den Handel durchaus als eine Art „Trendagentur“: Im Wesentlichen können wir online testen, was „offline“ laufen wird.
netzwerk südbaden: Was sind die Inhalte und wen sprechen Sie an?
Böckenförde: Unsere Kernzielgruppe, die den größten Teil der Zugriffe ausmacht, sind zu 80 Prozent Frauen zwischen 18 und 33 Jahren. Wir erreichen sie mit Sprüchen, die für Motivation und Spaß im Alltag sorgen, aber keine spröden Kalenderweisheiten wie vor 50 Jahren sind: „Du musst schon selbst Konfetti in den Leben pusten“ ist ein Erfolgsbeispiel. Ungefähr eine halbe Stunde nach Gewinn der Weltmeisterschaft 2014 haben wir dem Siegtorschützen ein erleichtertes „Götz’ sei Dank“ gewidmet, das es bis ins ARD-Morgenmagazin gebracht hat. Dieser Spruch kam Sekunden nach dem Tor als Vorschlag aus unserer Community.
netzwerk südbaden: Welchen Berufsweg haben Sie bis zur Gründung hinter sich?
Böckenförde: Ich war nach meinem Studium in Freiburg vier Jahre lang für große Medienkonzerne wie Gruner & Jahr, Hubert Burda Media und der Bauer Media Group als Berater im Bereich digitaler Entwicklungen und Marketing tätig.
netzwerk südbaden: Und nebenbei haben sich die Start-ups entwickelt?
Böckenförde: Das wurde für mich mit der Zeit immer größer. Mittlerweile finden viele Einträge in den sozialen Medien nach dem Vorbild unserer Text-Bild-Gestaltung statt, auch Medien wie das „zeitmagazin“ oder die „Süddeutsche Zeitung“ bedienten sich für ihre Online-Kanäle schon bei uns.
netzwerk südbaden: Haben Sie keine Angst, dass sie von Unternehmen überholt werden könnten, die das Ganze mit mehr Personalaufwand betreiben?
Böckenförde: Nein. Wenn wir bei unseren Inhalten immer das abbilden, was die Leute aktuell bewegt, stellt das kein Problem dar. Für lustige T-Shirt-Aufdrucke und Postkarten gibt es seit den 80er Jahren einen Markt.
netzwerk südbaden: In welche Richtung soll sich Ihr Unternehmen entwickeln?
Böckenförde: Wir arbeiten jetzt schon wie ein kleiner Verlag. Wir bauen den Handel in Läden und im Internet aus, Social Publisher sind wir bereits, zum Bespielen aller Wertschöpfungsketten könnte in nicht so langer Zeit auch ein eigenes Ladenkonzept gehören. In Halle an der Saale lagern wir in einem Logistik-Zentrum bereits über 200.000 Artikel zur Bestellung, auch das Thema Internationalisierung werden wir angehen. Wir setzen in vielen Punkten schon viele Themen um, die klassische Verlage noch nicht realisieren. Unser Unternehmen ist klar auf Wachstum gepolt.
netzwerk südbaden: Wie ist Ihr Start-Up finanziert?
Böckenförde: Wir haben kein Fremdkapital in der GmbH, nicht mal im kostspieligen Logistikaufbau. Wir glauben an die alte Kaufmannsweisheit: ein gutes Angebot finanziert sich über zufriedene Kunden.
netzwerk südbaden: Sehen Sie sich als Mittelständler, welche Austauschmöglichkeiten nutzen Sie in ihrer Branche?
Böckenförde: Wir gehören noch nicht zum Mittelstand – auch wenn das mittelfristig das Ziel ist. Als kleines Unternehmen profitieren wir allerdings von einer sehr hohen Flexibilität, um die uns so mancher Mittelständler und auch große Unternehmen beneiden. Wir tauschen uns mit den Digitalunternehmen vor Ort regelmäßig aus, vergleichbare Start-Ups gibt es leider nicht viele. Diesen Austausch suchen wir eher in Berlin.
netzwerk südbaden: Was würden Sie Mittelständlern zum Thema Digitalisierung mit auf den Weg geben?
Böckenförde: Ich denke, dass es kurz vor knapp ist, wenn sich Unternehmen damit noch überhaupt nichr befasst haben. Wenn man sich anschaut, wie die Digitalisierung ganze Branchen überrollt, dann wird das auch nicht vor etablierten Geschäftsmodellen im Mittelstand halt machen. Der Bettenvermittler airbnb setzt zum Beispiel die ganze Hotelbranche unter Druck, Uber macht das gleiche mit Taxiunternehmen. Mit den Chancen und Risiken der Digitalisierung müssen sich alle Firmen auseinandersetzen und offen sein für Veränderung, auch wenn es weh tut.
netzwerk südbaden: Ist der Standort in Freiburg ein Nachteil für Sie?
Böckenförde: Nein. Hier können wir in einer wunderbaren Umgebung fernab des Berliner Trubels arbeiten. Unsere Mitarbeiter sind unser wichtigstes Asset und sie leben sehr gerne in Freiburg – und damit stimmt auch die langfristige Perspektive in Südbaden.