Seit nahezu 30 Jahren flackern bei der Handwerkskammer Freiburg immer wieder Führungsstreitigkeiten auf und sorgen für Schlagzeilen. Damit soll jetzt Schluss sein: Die Kammerführung arbeitet an verbindlichen Compliance- und Transparenzregeln, sagte Präsident Johannes Ullrich heute auf der Jahrespressekonferenz der Handwerksvertretung.
Dazu gehöre es, festzulegen, wer politische Aussagen machen darf von Kammerseite und wer nicht. Für die Zukunft kündigte Ullrich an, die Gehälter der Geschäftsführung würden offengelegt. Geschäftsführer Wolfram Seitz-Schüle bemerkte, bei der Definition von Abläufen, Pflichten und Rechten von Verwaltungs- und ehrenamtlicher Führung der Kammer gebe es Unschärfen, die durch klare Bestimmungen ersetzt werden sollen. “Das muss dann von allen getragen werden”, forderte Kammerpräsident Johannes Ullrich.
Zum laufenden vor dem Arbeitsgericht gelandeten schmutzigen Streit mit dem durch ihn degradierten Hauptgeschäftsführer Johannes Burger sagte Ullrich inhaltlich nichts, weil bis zu einer Einigung Stillschweigen der Parteien vereinbart worden ist. Daran wolle er sich halten. Ullrich rechnet damit, dass bis zum 21. März eine Einigung erzielt werden kann – diesen Termin hatte das Arbeitsgericht gesetzt. Die Gegenseite wird möglicherweise das Arbeitsgericht um eine Fristverlängerung bitten, hat eine netzwerk-Recherche ergeben. Gegen Ullrich laufende Untersuchungen des Ordnungsamts der Stadt Freiburg wegen des Vorwurfs, Schwarzarbeit zugelassen zu haben, dauern an. Die Vorwürfe hatte der frühere Kammerpräsident Paul Baier gegen seinen Nachfolger Ullrich erhoben. Die Staatsanwaltschaft fand jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass Ullrich Schwarzarbeit “in erheblichem Umfang und mit großem Vorsatz” gefördert hat – diese Kriterien, so Ullrich, seien Voraussetzung für eine Strafe.
Die wirtschaftliche Lage des Handwerks bezeichnete Ullrich als “durchweg stabil” . Es werde für dieses Jahr mit einer Umsatzsteigerung um zwei Prozent gerechnet – wären ausreichend Arbeitskräfte vorhanden, könnte es auch mehr sein, meinte Ullrich. Kammergeschäftsführer Seitz-Schüle gab auf Nachfragen an, er rechne mit steigenden Preisen für Handwerkerleistungen auf Grund der hohen Nachfrage. Auftraggeber müssten in manchen Bereichen mit mehrmonatigen Wartezeiten rechnen.
Nach wie vor ist der Fachkräftemangel ein beherrschendes Thema im Handwerk. Positiv fällt in diesem Zusammenhang auf, dass in den vergangenen zehn Jahren der Anteil von Abiturienten unter den Auszubildenden nach Angaben der Kammer von vier auf jetzt elf Prozent gestiegen ist. Vor zehn Jahren gab es insgesamt 7500 Auszubildende, derzeit sind es im Kammerbezirk noch 6300, was die Kammer als zufriedenstellend ansieht. Von der neuen Landesregierung erwartet Kammerpräsident Ullrich Kontinuität in der Bildungspolitik. Das von grün-rot in Teilen eingeführte und bevorzugte Zwei-Säulen-Schulmodell mit Gemeinschaftsschule und Gymnasium lobte Ullrich ausdrücklich. Als Zukunftsthema nimmt die Kammer jetzt die vielfältigen Möglichkeiten der Digitalisierung ins Visier. Seitz-Schüle:”Wir haben Unternehmen, die hier ganz weit vorn sind, wir haben aber genauso Betriebe, bei denen es so scheint, als sei die Zeit stehen geblieben”.