Spediteurin Kathrin Kleyling verrät in unserer Rubrik, warum sie nach anfänglichem Zweifel doch ins Familienunternehmen gewechselt ist.
„Mein Großvater ist in Colmar geboren, meine Urgroßeltern mussten nach dem Ersten Weltkrieg entscheiden, ob sie Deutsch oder Französisch sein möchten. Die Grenze hat meine ganze Familie geprägt. Es war für mich früher sehr schwer zu verstehen, dass diese Region, in der wir leben – also Elsass, Nordschweiz und Baden – aus drei verschiedenen Länder besteht. Ich hatte als Jugendliche immer drei Geldbeutel in der Tasche. Ich bin in Weil aufgewachsen, mein Schulweg führte durch die Schweiz und eingekauft haben wir in Frankreich. Dieses Wahrnehmen der Region als unser Zentrum, das besteht bis heute.
Ohne den regionalen Bezug geht es nicht, das hat mein Vater immer gesagt. Er ist sein Leben lang zwischen Breisach und Weil gependelt. Deshalb hatte ich als Kind gar keinen Bezug zur Spedition. Für mich war das der Ort, an den mein Vater morgens verschwunden ist und erst abends zurückkehrte. So einen Job wollte ich nicht für mich. Nach dem Abitur ging ich ein Jahr nach Paris, dann habe ich in Deutschland BWL studiert und bin in Lörrach bei einem Stoffunternehmen ins Berufsleben eingestiegen.
“Als Kind hatte ich gar keinen Bezug zur Spedition. Für mich war das der Ort, an den mein Vater morgens verschwunden ist und erst abends zurückkehrte.”
1992 bin ich dann doch ins Unternehmen gekommen und habe mich erst um die Speditionssoftware der Firma gekümmert. Das war die Zeit, als überall die Grenzen fielen. Von heute auf morgen hatten wir plötzlich eine ganz neue Situation. Zuvor war Breisach der Hauptübergang zwischen Straßburg und Basel, wir lebten vom Verzollungsgeschäft. Jetzt mussten wir unser Speditionsmodell viel stärker beleben, weil die Einnahmen aus der Verzollung wegfielen. Dieses Dynamische hat mir viel Spaß gemacht.
Ich bin nicht die typische Transportunternehmerin, ich lege keinen Wert auf die Kraft der Lkw, auf Maschinen und Motoren wie viele meiner Kollegen. Für mich stand immer mehr das Kaufmännische im Vordergrund – und immer mehr auch der Bezug zur Umwelt. Wir gelten als „schmutzige“ Branche, mir macht es Freude, daran zu arbeiten, diesem Ruf nicht gerecht zu werden. Dafür wurden wir im letzten Jahr auch mit dem Mobilsiegel der VAG für nachhaltige Mobilität ausgezeichnet.
Vor allem liegt mir die Beziehung zu Menschen und Kulturen am Herzen. Unsere Kunden kommen aus dem ganzen Dreiländereck, entweder holen wir Ware ins Gebiet oder die Transporte gehen von hier nach Europa und in die Welt.“
Protokoll: Julia Donáth-Kneer