Der Verein Kreativpioniere Freiburg hat mit Schopf2 einen neuen soziokulturellen Raum im Schildackerareal im Stadtteil Freiburg-Haslach realisiert. Das vielfältige Programm soll das Quartier und die Kulturszene gleichermaßen bereichern.
VON CHRISTINE WEIS
Die Ecke hier ist schon bunt, wir machen sie jetzt noch bunter“, beschreibt Jirka Schwarzkopf, Vorstand der Kreativpioniere Freiburg, den Standort der neuen Kulturlocation Schopf2. Vor knapp einem Jahr eröffneten die Pioniere ihr Zentrum im Gewerbemischgebiet Schildacker in der Schopfheimer Straße im Südwesten von Freiburg. Name und Adresse sind identisch, was den Ort auch gut auffindbar macht. Die Räume des Schopf2 befinden sich direkt hinter dem Edeka Center, neben dem Secondhandkaufhaus Troc und gegenüber dem Layback Workspace mit mehreren Kreativwerkstätten. Bisher nur mit einem Schriftzug auf der Fensterfront versehen, soll bald eine große Skulptur den Besuchern schon von Weitem den Weg in diese noch junge Institution weisen. Der Gebäudekomplex erstreckt sich auf 450 Quadratmeter und hat seit letztem Juli unter anderem zwei Ateliers, die temporär von einzelnen Künstlern günstig angemietet werden können. „Es gibt zu wenig bezahlbare Arbeits- und Präsentationsräume für Kulturschaffende in der Stadt. Dem möchten wir entgegenwirken und mit Schopf2 einen Ort schaffen, an dem sie sich vernetzen und austauschen können“, sagt Schwarzkopf.
Neben den Ateliers gibt es drei weitere Räume, in denen seit Ende September eine Vielzahl von Veranstaltungen stattfinden: Ausstellungen, Filmvorführungen, Diskussionen, Lesungen, Tanz, Theater oder Musik. Vor Kurzem sorgte etwa der Huchel-Preisträger Dinçer Güçyeter für ein volles Haus. Bei der Performance der Band Mu rund um den Freiburger Kulturtheoretiker Klaus Theweleit diskutieren Publikum und Musiker bis weit in die Nacht hinein über das Phänomen „dritter Körper“. Die Tanzkünstlerin Julie Jaffrennou entwickelte das Projekt „Zerbrechlichkeit und andere Geschichten“, welches die Sehnsucht nach Resonanz in Beziehungen thematisiert.
Für die Kreativpioniere ist Schopf2 nur der Anfang eines größeren Kulturzentrums im Schildacker, das ein kreativer Motor für die Quartier- und Stadtentwicklung sein könnte. Dafür hat der Verein bereits einen konkreten Plan vorgelegt, den man auf dessen Website einsehen kann. Direkt nebenan, auf dem rund 6000 Quadratmeter großen Gelände an der Schopfheimer Straße 4, könnte demnach ein Komplex mit
Probe- und Werkräumen, Gastro und Wohnungen entstehen. Bis dato werden die Gebäude auf dem Gelände vom BAAINBw (Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr) sowie dem Hauptzollamt Lörrach belegt. Eigentümer ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Die Stadt Freiburg hat ebenfalls Pläne für eine „Kreativspange“ zwischen Schopfheimer Straße und Schildackerweg. Noch ist jedoch offen, ob und wann ein größeres Kulturrad im Schildacker gedreht werden kann.
Von Berufsorientierung bis Buchmesse
Mit Schopf2 haben die Kreativpioniere eine erste Infrastruktur für vielfältige Kulturprojekte und einen Treffpunkt geschaffen. „Wir sind offen für jede Form von Kunst und bieten eine Plattform zum Austausch, so können neue Perspektiven, Kooperationen und Überraschendes entstehen“, sagt Raimund Schall, der Leiter des Theaters Zerberus. Er und Jirka Schwarzkopf bilden das Vorstandsteam des Vereins. Der 2015 von Bildhauerin Astrid Hohorst gegründete Verein hat aktuell rund 60 Mitglieder. Zwölf Arbeitsgruppen engagieren sich ehrenamtlich für Projekte, Öffentlichkeits- und Netzwerkarbeit sowie Verwaltung. Die Stadt Freiburg fördert die Einrichtung im Jahr 2023 mit 17.000 Euro und im nächsten Jahr mit 20.000 Euro. „Wir sind dankbar für die finanzielle Unterstützung der Stadt, alle Kosten für Raummiete und Anschaffungen werden wir damit nicht decken können“, rechnet Schwarzkopf vor, „doch die Förderung ist eine wichtige finanzielle Grundlage“. Für eine Anlage zur akustischen Auslegung der Räume sei man aktuell auf der Suche nach Sponsoren.
So vielfältig das Quartier aus Gewerbe, Handwerksbetrieben und Wohnhäusern ist auch das kommende Programm im Schopf2. Bei einigen Veranstaltungen wird das Quartier direkt einbezogen. Das Soundprojekt „Wie klingt der Schildacker?“ fängt das Viertel akustisch ein. Im Parcours „L’art secret à Schildacker“ können die Besucher versteckte Kunst im Schildacker entdecken. Für die Jugendlichen der Landesaufnahmestelle für Geflüchtete (LEA) bietet Shakir Ertek Trommelkurse an. Und die neunte Klasse der Marcher Gemeinschaftsschule „Am Bürgle“ wird im September gleich eine ganze Woche ins Schopf2 kommen. Sozialarbeiterin Petra Gaus wird mit den Schülern Workshops durchführen, bei denen diese ihre Stärken und Interessen ergründen. Im nahen Umfeld können die Jugendlichen dann viele Betriebe und Berufsbilder entdecken. Die Umgebung hat einen breiten Branchenmix zu bieten: Autohandel, Baumarkt, Heizungsbau, Einzelhandel, Möbelhaus, Modedesign, Gesundheitszentrum, Skateshop, Longboardbau, Lebensmittelhandel, Plattenlabel, Taschenmanufaktur oder Zoohandlung. Im nächsten Frühjahr soll dann mit FreiBuch die erste Freiburger Pop-up Buchmesse stattfinden. Und gerade bemüht sich Jirka Schwarzkopf um die Wanderausstellung „Ein Koffer für die letzte Reise“. Mit diesem Thema ist der umtriebige Pathologe in seinem eigentlichen Fachgebiet unterwegs. Für die Ausstellung plant er mit Bestattungsunternehmen zusammenzuarbeiten. Die Ideenliste der Kreativpioniere ist noch lang – und bunt.
“Es gibt zu wenig bezahlbare Arbeits- und Präsentationsräume für Kulturschaffende in der Stadt.”
Jirka Schwarzkopf, Vorstand Kreativpioniere Freiburg