Jenseits der Grenze vollzieht sich auch beim Thema Stiftungen Beachtliches: Der Standort Basel vereint nicht nur stattliche Stiftungsvermögen – sondern auch erstaunliche Ideen.
VON RUDI RASCHKE
Zunächst die ordentlichen Fakten: 817 Stiftungen haben in Basel-Stadt und 317 in Basel-Land ihren Sitz. Sie verwalten ein Gesamtvermögen von 17 Milliarden Franken (Stand 2018). Dabei fällt auf, dass die Stiftungszwecke im Bereich Soziales, Kultur, Umwelt und Gesundheit recht gleichmäßig verteilt sind.
Danach folgen Bildung und Forschung. Was ebenfalls auffällt: Basel ist auf diesem hohen Niveau ein relativ ruhiger Stiftungsstandort, die Zahl der Neugründungen hinkt hinter Zürich, Genf und Zug zurück. „Während Basel über einen vermögenden, aber relativ statischen Stiftungssektor mit wenigen Neugründungen und Liquidationen verfügt, gibt es in Zürich viel mehr Aktivität und damit im Vergleich auch einen eher jungen Stiftungssektor“ berichtet der Schweizer Stiftungsreport nüchtern.
Nun mag es neue Stiftungen rund um den Finanzbereich, für globale Institutionen und selbst zu Kryptowährungen in den genannten drei vorderen Städten geben – in Basel haben sich Stiftungen angesiedelt, die mit ihrem Wirken selbst in der deutschen Hauptstadt Gutes tun. Die „Stiftung Edith Maryon“ nennt als allererstes Ziel: „Grundstücke der Spekulation entziehen, damit wir oder andere sie dauerhaft sozialverträglich nutzen können.“
Damit hat sie in festgefahrenen Zuständen sogar in der Berliner Rigaer Straße Lösungen für eine Erbpacht finden können, die selbst dem einen oder anderen Autonomen Tränen der Rührung in die Augen getrieben haben dürfte. Denn die 1990 mit gerade einmal 12.000 Franken gegründete Stiftung, die nach einer britischen Mitarbeiterin des Waldorf-Papstes Rudolf Steiner benannt wurde, versucht allein an 19 Liegenschaften in Berlin Grund, Boden und Gebäude zugunsten einer sozialen Nutzung der Spekulation zu entziehen.
Mit Stiftungen Immobilien retten
Damit sind fast gleich viele Projekte der Edith-Maryon-Stiftung in der deutschen Hauptstadt angesiedelt wie im Raum Basel. Dort wurden mit einstigen Industriearealen oder dem bekannten „Unternehmen Mitte“ in einer alten Credit-Suisse-Bank auch sinnvolle Konversions-Projekte vorangetrieben.
Letzteres ist ein Kaffeehaus und Co-Working-Space, laut Stiftungs- Angaben gilt: „Es gibt keinen festen Mietzins. Die Miete entspricht den tatsächlich anfallenden Kosten wie Kapitalzinsen, Abschreibungen und Unterhaltskosten.“ In den oberen Stockwerken mitten im Zentrum residiert die Stiftung selbst. Wenn man so will, vielleicht das vorzeigbarste Beispiel, wie eine zentrale City-Immobilie vor Allerwelts-Läden oder Hauptsache-teuer-Konzepten bewahrt werden konnte.
Und zugleich einer der viel gefragten „Third Places“ zwischen Gratis-Öffentlichkeit und Konsum geschaffen wurde. Am Schauplatz Berlin ist auch dank der „Stiftung Abendrot“ eine Rettung des Holzmarkt-Areals und seiner Nachbarschaft an der Spree so gut wie verwirklicht. Auch hier wurde ein traditionsreiches, legendenumwobenes Grundstück, die frühere „Bar 25“ für ein Patchwork aus sozialem Wohnen, Party, sogar Kita am Flussufer gerettet.
Die Stiftung Abendrot taucht in deutschen wie schweizerischen Stiftungsberichten regulär auf, will aber für ein Gespräch nicht zur Verfügung stehen. Enza Bögli, Chefin der Stiftung teilt mit: „Wir sind keine normale Stiftung sondern eine Schweizerische Pensionskasse, daher gehören wir nicht zu den Stiftungen, die Sie gerne porträtieren möchten.“
Es ist dahin gestellt, ob diese Stiftung ihr Engagement in ihrer Verfasstheit als Rentenkasse ausschließlich als nachhaltige Anlagemöglichkeit versteht – ein wenig gehört es möglicherweise zur Schweizer Mentalität, in diesem Fall: „Tue Gutes und rede nicht darüber“. Das Geld der Versicherten dürfte auf jeden Fall auch hier gut angelegt sein.