Die Evaluierungskommission Freiburger Sportmedizin hat sich in den vergangenen Wochen intensiv mit den neuen Aktenbeständen im Staatsarchiv Freiburg beschäftigt, die durch die Staatsanwaltschaft Freiburg Ende des vergangenen Jahres auf Initiative der Kommission dem Archiv übergeben wurden. Durch die vorzeitige Aufhebung der Sperrfristen konnten die Akten durch die Kommission seit Ende Januar 2015 gesichtet und begutachtet werden.
Der Inhalt des hauptsächlich relevanten Teils dieser neuen Aktenbestände bezieht sich auf die Ermittlungen zu einem 1984 eröffneten und 1989 mit einer Geldstrafe abgeschlossenen Betrugsverfahren gegen Prof. Dr. Armin Klümper, dem damaligen Leiter der Sporttraumatologischen Spezialambulanz (Universitätskliniken Freiburg). Die Ergebnisse der Überprüfungen dieser Akten durch die Kommission sind nicht nur in Bezug auf die damals ermittelten Straftaten mit wirtschaftskriminellem Hintergrund von Bedeutung, sondern insbesondere auch für die geschichtswissenschaftliche Dopingforschung.
Aufgrund der vorgefundenen Dokumente lassen sich vor allem zwei Feststellungen treffen, die für die Forschung neu sind:
- Doping vor allem mit anabolen Steroiden fand im Bund Deutscher Radfahrer in den Jahren zwischen 1975 und ca. 1980 nicht nur in fast flächendeckender Manier auf Veranlassung Prof. Dr. Klümpers statt. Dieses Doping wurde, wie hier erstmals bewiesen werden kann, auch vom BDR aus einem eigenen „Ärzteplan“ finanziert. Dabei ist derzeit nicht auszuschließen, dass auch Minderjährige Do- pingmittel erhalten haben könnten.
- Anabolikadoping in systematischer Weise lässt sich anhand der neuen Aktenbestände erstmals auch für den Profifußball in Deutschland sicher beweisen. Betroffen davon waren in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren in größerem Umfang der Bundesligist VfB Stuttgart sowie der Zweitligaklub SC Freiburg, bei dem immerhin eine Anabolika enthaltende Medikamentenlieferung auf Veranlassung von Klümper überliefert ist.
Die neuen Erkenntnisse zum Doping im BDR und im Profifußball wurden in einem ca. 60-seitigen Sondergutachten zusammengefasst. Die Kommissi- on wird in den nächsten Wochen darüber beraten, ob sie diesen Text als Zwischenbericht ggf. vor Abschluss sämtlicher Arbeiten veröffentlichen will. Die gewonnenen Erkenntnisse indessen sind so gravierend und von solch großer Tragweite, dass mit dieser Pressemitteilung und der diesem Schreiben beiliegenden Zusammenfassung des Sondergutachtens „Systematische Manipulationen im Radsport und Fußball“ das berechtigte Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit so zeitnah bedient werden soll, wie dies der Kommission nach wochenlanger intensiver Sichtung und Auswertung der Akten möglich war.