Große Retrospektiven oder Werkschauen sind immer ein eindeutiges Zeichen dafür, dass eine Epoche oder ein Künstler auf ihrem Zenit sind, Jubiläum feiern oder sich ihr Verschwinden jährt. Die Schau „Night Fever“ im Vitra Design Museum widmet sich dem Design der Clubkultur von den 60er Jahren bis heute.
Von Rudi Raschke
Dass sich nun die nächste große Schau im Vitra Design Museum dem „Night Fever“ widmet, ist von daher ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Zeiten der stilbildenden Tanzflächen vorbei sind. Das macht die Retrospektive umso wichtiger: Es ist unglaublich verdienstvoll, dass sich ein derart bedeutendes Haus in direkter Folge seiner Würdigung von Charles und Ray Eames jetzt einem Designaspekt widmet, der in diesem Umfang nochnicht Gegenstand von Ausstellungen war – der Gestaltung berühmter Clubs, die das Nachtleben prägten.
Dabei steht sowohl das Gesamtkunstwerk aus Klang und Innenarchitektur, Fashion und Kunst im Vordergrund, aber auch die Auffassung von Nachtleben als einer Avantgarde, in der vor allem in Großstädten neue Lebensentwürfe ihre ersten Skizzen erfuhren. Von den 60er Jahren bis zur Gegenwart vereint die Ausstellung alles, was zu diesem Komplex gehört: Natürlich sind Bilder und Material von jenen namhaften Pionier-Adressen vertreten wie dem „Studio 54“ oder der stilbildenden „Paradise Garage“ (beide New York), aber auch von Orten wie Detroit und Manchester, die untrennbar mit der Entstehung radikal neuer Musikrichtungen verbunden sind. Und der Besucher erfährt im Kontext von Städten und Clubs eben auch, wie diese das Design von Epochen geprägt haben, sei es im Erscheinungsbild der Clubkultur wie auch auf Albumcovern, beispielsweise von Grace Jones.
Nicht zuletzt gibt es erstaunliche Projekte von Star-Architekten zur Clubgestaltung, von Arata Isozaki, der mit dem New Yorker „Palladium“ einen der größten Clubs der 80er Jahre entwarf oder Rem Kohlhaas’ (nicht-verwirklichte) Ideen für das Londoner „Ministry of Sound“. Ihren Glanz bezieht die Ausstellung auch durch Installationen mit Musik und Lichteffekten, vor allem aber durch ein überaus kompetent ausgewähltes Begleitprogramm von Vorträgen bis Workshops: Der Münchner Designer Konstantin Grcic, der die Ausstellungsräume von „Night Fever“ gestaltet, trifft dabei auf die Grafik-Legende Peter Saville, der Albumhüllen der Band New Order zum Kunstobjekt machte und über die Flugblätter des Clubs „Hacienda“ sogar zum Creative Director der Stadt Manchester wurde.
Mit Simon Reynolds wird dazu einer der wichtigsten Chronisten der britischen Subkultur in Weil vorbeischauen.
17. März bis 9. September 2018,
täglich 10 bis 18 Uhr, Vitra Design Museum
ww.design-museum.de