Wie Frauen das Leben und Werk eines der wichtigsten Maler der Moderne beeinflussten und wie einige selbst malten, zeigt bis November eine Ausstellung in der Kunsthalle Messmer in Riegel.
Von Uli Homann
„Picasso war kein Frauenfresser“. Plakativ beleuchtet diese Aussage des Kunsthistorikers Friedhelm Häring, einem profunden Picasso-Kenner, das neueste Projekt der Kunsthalle Messmer. Es ist die 25. Ausstellung in Riegel am Kaiserstuhl seit Eröffnung des Kunsttempels. Und es ist die vielleicht aufsehenerregendste, die Mäzen Jürgen Messmer ins Blickfeld rückt. „Picasso und die Frauen“ lautet der Titel, der genau das verspricht, was den Besucherinnen und Besuchern vor Augen geführt wird.
Picassos Weg wurde von Ehefrauen, Geliebten und Musen gesäumt, und das ist der Inhalt der äußerst informativen Schau. Picasso war ein Macho, aber, so Friedhelm Häring, „er sorgte liebevoll für seine Partnerinnen und seine vier Kinder“, die aus verschiedenen Beziehungen stammen. Die Besucher lernen die Frauen kennen, die für Picasso wichtig waren, und sie erfahren, dass diese Frauen nicht nur als Gefährtinnen Bedeutung hatten. Manche von Ihnen inspirierten Picasso zu ganzen Bilder-Serien, andere waren oder wurden selbst künstlerisch tätig.
Dora Maar, die berühmte Fotografin zum Beispiel, oder Francoise Gilot, die Picasso als einzige verlassen hat, einen eigenen Kunststil entwickelte und heute 96jährig in New York lebt. Von ihr sind in der Ausstellung Bilder zu sehen, ebenso von Sylvette David alias Lydia Corbett. 19-jährig hatte Picasso die wunderschöne Sylvette 50 mal gezeichnet und gemalt, sogar Skulpturen schuf er von ihr – aber seinem Charme erlag sie nicht. Ihr Lohn fürs Modell-Stehen bestand in einem der Bilder, die er von ihr malte, sie wollte nicht, dass er sie bezahlte. Sylvettes damalige Erscheinung, ihr berühmter Pferdeschwanz, ihre blonden Haare dienten nicht nur Picasso zur Inspiration, sondern auch Brigitte Bardot, die sich plötzlich ganz wie Sylvette stylte.
Die Ausstellung zeichnet in einer Box Picassos Lebensweg sehr anschaulich von Anfängen in Armut bis hin zu Ateliers in fürstlichen Residenzen. Die Besucher sehen aber auch, dass Picasso bei weitem nicht nur der Gottvater des Kubismus gewesen ist, sondern dass er alle Stilformen und Variationen des Malens beherrschte, ganz zu schweigen von seinen Skulpturen und Porzellan-Arbeiten.
Im Blick auf die Frauen fallen herausragende Portraits seiner letzten Partnerin Jaqueline Roque besonders auf, die sich 13 Jahre nach Picassos Tod, den sie nicht verwinden konnte, erschossen hat. Freiwillig aus dem Leben geschieden war auch vier Jahre nach Picassos Ableben im Jahr 1973 seine zeitweilige Partnerin Marie-Thérese Walther – von ihr gibt es in der Ausstellung ein ausdrucksstarkes Portrait.
Und dann heißt es Vorsicht: Die Besucher finden ein Portrait von Sylvette, die in Riegel bei der Ausstellungseröffnung selbst dabei war. Es ist jenen weltweit bekannten Bildern von Picasso nachempfunden: manch ein Betrachter wird denken, es stammt von Picasso, doch weit gefehlt. Sylvette hat es selbst gemalt, erst in diesem Jahr, wie sie verriet, also 82 jährig. Als 19jährige malte Picasso die Schöne, erst mit 45 Jahren begann Sylvette dann als Lydia Corbett selbst zu malen.
Im Anschluss an die Ausstellung, in der der Kunsthalle angeschlossenen Galerie Messmer, sind weitere Bilder von ihr zu sehen – und sie stehen auch zum Verkauf. Sylvettes Bilder zeigen nahezu totalen Einfluss von Picasso, ihres, wie sie sagt, „väterlichen Freundes“, der sie nie bedrängt habe. Der sich zufrieden gab, dass Sie ihm nicht nackt Modell stehen wollte. Aber er schuf aus der Imagination heraus einen Akt von ihr. Und Sylvette ist längst der Meinung, sie hätte doch seinem Wunsch entspechen sollen, sich ihm unverhüllt zu zeigen. Sylvette im Rückblick: „ich kann nur Positives über ihn sagen, nichts Negatives.“
Picasso wurde 92 Jahre alt – unfassbar die Zahl seiner Werke – er hat angeblich 50 0000 erschaffen. Der Weltstar und die Frauen sind in Riegel ausgezeichnet dokumentiert – und das ist Jürgen Messmer und seinen Mitarbeitern gelungen, ohne dass die Ausstellung mehr als eine Handvoll Originalbilder des Genies präsentiert. Eine Sylvette zum Beispiel im Original zu zeigen, überstieg die Möglichkeiten vor allem versicherungstechnisch. Die ‚günstigste Sylvette‘ ist auf dem internationalen Kunstmarkt derzeit für 3,3 Millionen Euro zu haben.
Info: Die Ausstellung „Picasso und die Frauen“ ist bis zum 12. November in der Kunsthalle in Riegel zu sehen. Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag 10 – 18 Uhr. Eintritt 12.50 € (ermäßigt 10.50 €). Freier Eintritt mit Museumspass.
Homepage: www.kunsthallemessmer.de