In Niedrigzinszeiten noch reale Gewinne erwirtschaften, Risiken verantwortungsvoll managen und so langfristige Stiftungszwecke erfüllen. Das sind die Herausforderungen für eine ausgewogene Anlagepolitik.
VON RUDI RASCHKE
Claus Walter ist Vorsitzender der Geschäftsleitung der Freiburger Vermögensmanagement GmbH, die seit fünf Jahren einen Fonds für Stiftungen anbietet. Ein Gespräch über die Herausforderungen in der Anlage von Stiftungsvermögen.
Was war Ihre Motivation, vor fünf Jahren den FVM-Stiftungsfonds aufzulegen?
Unser Freiburger Vermögensmanagement hat damit den strategischen Wunsch eines treuen Kunden erfüllt. Das Kolleg St. Blasien im Südschwarzwald wollte die Vermögensanlage seiner Stiftung effizienter und transparenter gestalten.
Mit traditionellen Mitteln wie Sparbuch, Festgeld und Bundesanleihe war es langfristig nicht mehr möglich, die erforderlichen Mittel für die Stiftungsarbeit zu erwirtschaften. Statt auf einzelne ertragreichere Wertpapiere und Aktien zu setzen, was einen hohen Verwaltungsaufwand bedeutet, haben wir einen breit aufgestellten Fonds entwickelt, der die Anlageziele umsetzt.
Ist das ein gängiges Problem für Stiftungen, die zu Ihnen kommen?
Die Niedrigzinsphase hinterlässt tiefe Spuren in der gesamten Stiftungslandschaft, das gilt auch für das gute Dutzend von uns betreuten regionalen Stiftungen. Die bisherige Vermögensanlage bringt nicht mehr ausreichende Erträge, aber alternative Investmentformen wie Aktien erscheinen riskant. Darüber hinaus sind nachhaltige und ethische Kriterien ein großes Thema.
Für jeden liegt hier der Schwerpunkt etwas anders, aber wir haben uns dafür entschieden, einen praxisorientierten Nachhaltigkeitsfilter einzusetzen. In Branchen, wie Rüstung, Alkohol, Tabak, Drogen, Glücksspiele oder Pornografie investieren wir gar nicht. Auch Unternehmen, die ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung nicht gerecht werden, kommen bei uns auf eine schwarze Liste.
Wie helfen Sie Stiftungen in der Niedrigzinsphase?
Früher ging alles relativ einfach mit quasi risikolosen Anleihen, zum Beispiel denen der Bundesrepublik Deutschland. Aber in der momentanen Phase müssen Stiftungen umdenken, um ihr Kapital zu erhalten und ihren Stiftungszweck nachhaltig zu erfüllen. Wir unterstützen sie dabei, neue Anlagerichtlinien aufzustellen, die eine gute Balance zwischen Sicherheit und Rendite ermöglichen.
Allerdings muss dafür akzeptiert werden, dass selbst eine breite Mischung im Wert schwanken kann. Unser FVM-Stiftungsfonds hat aber über die letzten fünf Jahre gezeigt, dass sich das in engen Grenzen halten und über einen antizyklischen Mechanismus sogar als Vorteil genutzt werden kann. Unter dem Strich waren die Verluste schnell wieder ausgeglichen, und der Stiftungsfonds konnte auf etwas längere Sicht seine Ertragserwartung stets erfüllen.
Was bringt das kommende Jahr für entsprechende Anlageformen?
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass 2020 die Kurse von vielen Faktoren negativ beeinflusst werden könnten. Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist aber zumindest für unsere Wirtschaft vergleichsweise optimistisch.
Nach 0,5 Prozent in diesem Jahr soll die Konjunktur 2020 auf 1,2 Prozent kräftig wachsen, was auch schlicht an den wenigen Feiertagen unter der Woche liegt. Die Ausgangslage für ein erfolgreiches Anlagejahr 2020 ist nüchtern betrachtet eigentlich gar nicht so schlecht, Schwankungen sollten jedoch dringend einkalkuliert werden.
Wie reagieren Stiftungen, die verpflichtet sind, ihr Kapital zu erhalten, auf Unberechenbarkeiten, etwa twitternde US-Präsidenten im Handelskrieg oder überraschende Wahlergebnisse?
Mit quasi risikolosen Zinsanlagen wird es weiterhin nicht möglich sein, die erwarteten rund 1,5 Prozent Inflation durch Rendite auszugleichen und darüber hinaus Gewinne zu erzielen. Nur mit einem ausgewogenen Anlagemix ist die Erfüllung langfristiger Stiftungsziele durch reale Erträge auch in Zukunft möglich. Mit Stiftungsfonds lässt sich das vergleichsweise einfach und kostengünstig umsetzen, deswegen haben wir vor fünf Jahren so eine Strategie für einen unserer langjährigen Partner entwickelt.
Der FVM-Stiftungsfonds basiert auf einer Mischung von 30 Prozent Aktien und 70 Prozent Renten. Rund die Hälfte des Aktienanteils wird mit Titeln bestückt, die nachhaltig gute Dividendenzahlungen erwarten lassen. Um nicht nur auf wenige handverlesene Unternehmen zu setzen, sondern möglichst kostengünstig Einzelrisiken durch Verteilung zu minimieren, ergänzen passive ETFs weltweiter Aktienindices das Portfolio.
Im Rentenbereich reicht das Spektrum von Wertpapieren des Bundes als Basis über Unternehmenspapiere im Aufbausegment bis zu ausgewählten einzelnen Chanceninvestments und marktübergreifenden Rentenfonds. Stiftungen sollten jetzt die Herausforderung annehmen, Chancen nutzen und so die gemeinnützige Kraft ihres Kapitals langfristig erhalten.